Bürgerbusverein

Was ist ein Bürgerbusverein?

Um die ehrenamtlich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eines Bürgerbussystems vor Haftungsansprüchen als Privatpersonen zu schützen, stehen drei Möglichkeiten zur Verfügung:

  1. die Gründung eines Bürgerbusvereins,
  2. das Anknüpfen an bestehende Vereinsstrukturen
  3. oder die Übernahme der Funktion des Rechtsträgers durch die Gemeinde.

In Deutschland ist der häufigste Weg die Gründung eines eigenen Bürgerbusvereins. Der Haftungsanspruch besteht in diesem Fall gegenüber dem Verein und nicht gegenüber den Ehrenamtlichen. Der Verein wird nach den Regeln des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) gestaltet und eingetragen. Es wird ein satzungsgemäßer Zweck festgelegt (z. B. die Förderung der Mobilität älterer Menschen), der in erster Linie durch das Erbringen von Verkehrsleistungen mit dem Bürgerbus verwirklicht wird. 

Was ist das Ziel eines Bürgerbusvereins?

Neben der genannten Absicherung der Ehrenamtlichennehmen Bürgerbusvereine vielfältige Aufgaben wahr, die mit der Erbringung von Bürgerbus-Verkehrsleistungen einhergehen. Sie vertreten die Interessen der Menschen, die Bürgerbusse nutzen und fahren, gegenüber den Behörden, den Verkehrsunternehmen und der Öffentlichkeit.

Sie machen Öffentlichkeitsarbeit und stehen in engem Kontakt mit Bürgerinnen und Bürgern, um sie zu informieren und Anregungen zur Angebotsverbesserung entgegenzunehmen. In Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden und dem zuständigen Verkehrsunternehmen erarbeiten sie Linienführung, Fahrpläne und stimmen Anschlüsse zum Linienverkehr ab. Zudem werben sie ehrenamtlich Fahrerinnen und Fahrer an, planen ihren Einsatz und betreuen sie. Bürgerbusvereine können sich auch mit anderen Bürgerbusvereinen vernetzen und beispielsweise Erfahrungsaustausch organisieren. 

Wie erfolgt die konkrete Umsetzung? 

Es wird empfohlen, den Betrieb eines Bürgerbusses in eine Vereinsstruktur einzubetten. Es ist aber nicht immer notwendig, einen neuen Verein zu gründen. Oft besteht auch die Möglichkeit, an bestehende Vereinsstrukturen anzuknüpfen bzw. diese zu erweitern. Die Vorbereitung eines Bürgerbusbetriebs inklusive der Gründung eines Vereins erstreckt sich über einen Zeitraum von ein bis zwei Jahren. 

Gründung

Die Anforderungen an die Gründung eines Bürgerbusvereins ergeben sich größtenteils aus dem BGB . Die Gründung verläuft in mehreren Schritten:

  1. Zunächst muss eine Satzung verfasst werden. Dies kann in Anlehnung an bestehende Vereinssatzungen erfolgen.
  2. Dann muss die Gründungsversammlung geplant werden. Die Tagesordnung der Gründungsversammlung muss Folgendes enthalten: Ort, Zeit, Gründung des Vereins, Wahl des Vorstands, Wahl weiterer Ämter (z. B. Kassenprüferin oder Kassenprüfer).
  3. Auf der Gründungsversammlung müssen die Wahlen durchgeführt und die Satzung von mindestens sieben Personen unterschrieben werden.
  4. Zur Nachbereitung der Gründungsversammlung gehören das Unterschreiben des Protokolls durch den Vorstand und die Person, die das Protokoll geführt hat. Außerdem müssen die Unterschriften durch ein Notariat bzw. durch eine Ratsschreiberin oder einen Ratsschreiber unterschrieben werden.
  5. Anschließend wird die Satzung mit Anschreiben an das Amtsgericht geschickt. Ist der Verein eingetragen worden, kann das „e. V.“ im Namen mitgeführt werden. 
  6. Dann folgen die ersten Arbeitsschritte des aktiven Vereins: Eröffnung eines Bankkontos, Erheben der Mitgliedsbeiträge, Einberufung einer konstituierenden Vorstandssitzung, Verabredung der Geschäftsverteilung.
  7. Auch müssen Fragen zum Versicherungsschutz geklärt werden (Haftpflicht, Unfall, Fahrzeug).
  8. Nach Bedarf kann ein Leitbild entwickelt werden.
  9. Das laufende Geschäft des Bürgerbusvereins beinhaltet regelmäßige Vorstandssitzungen, Mitgliederversammlungen, Öffentlichkeitsarbeit und das Werben um neue Mitglieder. 

Gemeinnützigkeit

Die Frage, ob Bürgerbusvereine gemeinnützig im Sinne der Abgabenordnung (AO) sind, wird immer wieder diskutiert. Die Finanzministerkonferenz am 10. November 2011 hat beschlossen, dass die Leistung von Bürgerbusvereinen keinen gemeinnützigen Zweck darstellt. Zwar erfüllen Bürgerbusvereine Aufgaben im Bereich der Daseinsvorsorge und werden von Ehrenamtlichen betrieben. Aus Sicht der Finanzbehörden steht jedoch im Vordergrund, dass Bürgerbusvereine satzungsgemäß Beförderungsleistungen im Personenverkehr erbringen, der grundsätzlich als gewerbliche Tätigkeit anzusehen ist. Bürgerbusvereine werden daher wie öffentliche Verkehrsbetriebe als steuerpflichtige Betriebe gewerblicher Art betrachtet.

Im Einzelfall ist es jedoch nicht ausgeschlossen, dass ein Bürgerbusverein als gemeinnützig anerkannt wird. Kann ein Bürgerbusverein nachweisen, dass zwei Drittel seiner Fahrgäste unterstützungsbedürftige Personen sind („Mildtätigkeit“ im Sinne von § 53 AO ), gewährt das Gesetz eine Steuervergünstigung. Ein solcher Nachweis ist bei vollöffentlichen Verkehren jedoch schwierig zu erbringen. 

Die Anerkennung der Gemeinnützigkeit hat Vor- und Nachteile. Zu den Nachteilen gehören deutlich umfangreichere Dokumentationspflichten, die mit einem Mehraufwand in der Vereinsarbeit verbunden sein können. Wesentlicher Vorteil der Gemeinnützigkeit ist die Möglichkeit, dass spendende Personen ihre Zuwendungen an den Verein steuerlich absetzen können. 

Ehrenamtliche

In erster Linie werden Menschen benötigt, die bereit sind, ehrenamtliche Tätigkeiten auszuführen, beispielsweise das Fahren eines Bürgerbusses oder das Arbeiten im Telefondienst. Menschen, die Bürgerbusse fahren, benötigen einen Führerschein der Klasse B oder der alten Klasse 3. Für das Fahren von Bürgerbussen, die nach Personenbeförderungsgesetz (PBefG) verkehren, ist darüber hinaus ein Personenbeförderungsschein erforderlich. Dieser wird im Wesentlichen mit einer Gesundheitsprüfung erlangt. 

Mit welchen Kostenstrukturen ist zu kalkulieren? 

Durch den Einsatz Ehrenamtlicher entfallen Personalkosten, die in sonst mindestens 60 Prozent des Betriebsaufwands ausmachen. Wesentlicher Kostenblock für einen Bürgerbusverkehr ist die Anschaffung des Fahrzeugs (Kleinbus etwa 30.000 bis 40.000 Euro pro Fahrzeug). Technische Anpassungen zur Barrierefreiheit oder alternative Antriebe können den Preis erheblich erhöhen. Zu den Investitionskosten gehören auch die Rücklagen für die Neuanschaffung des Fahrzeugs, die nach sieben bis spätestens zehn Jahren erfolgen sollte. Die weiteren Investitionskosten sind im Vergleich gering: Büroausstattung, Aushänge an Haltestellen etc. 

Ein Großteil der Betriebskosten entfällt auf Kraftstoff, Versicherungen, Wartungs- und Pflegekosten für das Fahrzeug und die Hauptuntersuchung (TÜV). Die Ausgaben für den Personenbeförderungsschein betragen etwa 200 bis 300 Euro pro Person. Es fallen auch Telefonkosten, Kosten für Büromaterial, Werbung und Marketing an. Handelt es sich um ein bedarfsgesteuertes Angebot, muss mit höheren Kosten im Telefondienst und in der Disposition gerechnet werden. Die Höhe der Betriebskosten hängt stark vom Umfang des Verkehrs, von der Zahl der ehrenamtlich Tätigen und von der Fahrleistung ab. Bei einem von Montag bis Freitag verkehrenden Bürgerbus fallen pro Jahr inklusive der Rücklagen für eine Fahrzeugneubeschaffung etwa 10.000 Euro an. Bei der Versicherung empfiehlt es sich, wenn möglich, das Fahrzeug in die Flottenversicherung einer ortsansässigen Einrichtung mit größerem Fuhrpark aufzunehmen. 

Bürgerbusvereine können sich aus mehreren Quellen finanzieren. Eine wesentliche Quelle sind meist auf Landesebene angesiedelte Förderprogramme. Weitere mögliche Einnahmequellen sind kommunale Mittel, Werbeeinnahmen und Sponsoring. Eine Werbefläche am Fahrzeug kann im Jahr vierstellige Beträge einbringen. Auch die Förderung durch Stiftungen, beispielsweise in den Bereichen Soziales oder Umwelt- und Naturschutz, ist eine Option. Schwierig ist hier allerdings, dass die Förderlandschaft unübersichtlich ist. Weitere Einnahmen sind Fahrgeldeinnahmen, Spenden von Fahrgästen und Mitgliedsbeiträge. 

Bei Beschaffung durch die Kommune, d. h. durch Investitionen aus dem örtlichen Haushalt, ist ein entsprechender politischer Beschluss erforderlich. Außerdem muss die Gemeinde dazu finanziell in der Lage sein. Da Verkehrsangebote keine Pflichtaufgabe der Gemeinden sind, wird ihnen eine solche Investition bei schlechter Haushaltslage unter Umständen durch die Kommunalaufsicht nicht genehmigt.

Landesstiftung „Miteinander in Hessen“, o. J.: Förderprogramm Bürgerbusse. Betriebskonzept. Zugriff: https://www.miteinander-in-hessen.de, Bürgerbus, Betriebskonzept [abgerufen am 13.12.2023].

Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg mbH (NVBW), 2015: BürgerBusse in Fahrt bringen. Stationen auf dem Weg zum BürgerBus. Stuttgart.

Pro Bürgerbus NRW e.V., o.J.: Gemeinnützigkeitsrechtliche Behandlung sog. Bürgerbusvereine. Zugriff: http://www.pro-buergerbus-nrw.de, Informationen, Finanzierung, Gemeinnützigkeit [abgerufen am 13.12.2023].

Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg GmbH (VBB), 2005: BürgerBusse im Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg. Handbuch für Betreiber, Fahrer und Fahrgäste. Berlin.