Was ist Gegenstand der StVO-Novelle 2020?
Die Straßenverkehrsordnung (StVO) ist eine Rechtsordnung, die Regeln und Vorschriften für den Straßenverkehr und die verschiedenen Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer festlegt. Am 9. November 2021 trat die bisher letzte Novellierung in Kraft. Neben einer Verschärfung der Strafen und einer Erhöhung der Bußgelder wurden auch einige Tatbestände im Bußgeldkatalog neu aufgenommen bzw. geändert. Die Novelle sieht insbesondere den verstärkten Schutz von Radfahrerinnen und Radfahrern und die Stärkung neuer Mobilitätsformen und alternativer Antriebe vor und ermöglicht den zuständigen Straßenverkehrsbehörden diesbezüglich neue Maßnahmen der Verkehrsgestaltung.
Welche Möglichkeiten und Restriktionen ergeben sich?
Die Novelle der StVO sieht umfassende Neuerungen und Änderungen für den Straßenverkehr vor, die auch mit deutlichen Änderungen des Bußgeldkatalogs einhergehen. Das Nichtbilden oder die unerlaubte Nutzung der Rettungsgasse wird beispielsweise mit mindestens 200 Euro, zwei Punkten im Fahreignungsregister und einem Monat Fahrverbot bestraft. Darüber hinaus wurden auch die Regelsätze zum Schutz des Radverkehrs angepasst. Eine deutliche Verschärfung erfahren nicht nur die Strafen für Geschwindigkeitsverstöße inner- und außerorts, sondern auch die Sanktionen für Halte- und Parkverstöße mit Bezug zum Fuß- und Radverkehr. Beispielsweise wird das Parken vor Kreuzungen und Einmündungen in einem Abstand von bis zu je acht Metern von den Schnittpunkten der Fahrbahnkanten verboten, wenn ein straßenbegleitender baulicher Radweg vorhanden ist. Zudem wird ein Mindestüberholabstand von 1,5 Metern innerorts und von 2 Metern außerorts für das Überholen von zu Fuß Gehenden, Radfahrenden und Elektrokleinstfahrzeugen durch Kraftfahrzeuge festgeschrieben. Bisher hatte die StVO lediglich einen „ausreichenden Seitenabstand“ vorgeschrieben.
Darüber hinaus wird der Handlungsspielraum der zuständigen Straßenverkehrsbehörden vergrößert, denen ein erweitertes Spektrum an verkehrsgestalterischen Maßnahmen zur Verfügung steht:
- Einrichtung von Fahrradzonen: Analog zu den Tempo 30-Zonen können nun auch Fahrradzonen von Straßenverkehrsbehörden unter erleichterten Bedingungen angeordnet werden. Die Regelung orientiert sich an den Vorgaben für Fahrradstraßen. Für den Fahrverkehr gilt eine Höchstgeschwindigkeit von 30 Kilometern pro Stunde. Der Radverkehr darf weder gefährdet noch behindert werden. Auch Elektrokleinstfahrzeuge können hier fahren.
- Grünpfeil ausschließlich für Radfahrer: Mit der StVO-Novelle wird die bestehende Grünpfeilregelung auch auf Radfahrer ausgedehnt, die aus einem Radfahrstreifen oder baulich angelegten Radweg heraus rechts abbiegen wollen. Außerdem wurde ein gesonderter Grünpfeil, der allein für Radfahrer gilt, eingeführt.
- Verkehrszeichen Radschnellwege: Das Verkehrszeichen „Radschnellweg“ wurde in die StVO aufgenommen, um die Kennzeichnung von Radschnellwegen auch unabhängig von der Fahrbahnbeschaffenheit, wie z. B. auf sandigem Untergrund, möglich zu machen.
- Sinnbild für Lastenfahrräder: Um speziell für Lastenfahrräder Parkflächen und Ladezonen vorhalten zu können, wurde ein spezielles Sinnbild „Lastenfahrrad“ eingeführt, das die zuständigen Straßenverkehrsbehörden nutzen können.
- Überholverbot von einspurigen Fahrzeugen: Die Straßenverkehrsbehörden können, z. B. an Engstellen, ein Überholverbot von einspurigen und mehrspurigen Fahrzeugen für mehrspurige Kraftfahrzeuge anordnen. Hierfür wurde ein neues Verkehrszeichen eingeführt.
- Erweiterung der Erprobungsklausel: Bislang hatten die Länder bereits die Möglichkeit, verkehrsregelnde oder verkehrssichernde Maßnahmen zeitlich und örtlich begrenzt zu erproben. Die Durchführung solcher Verkehrsversuche wurde durch die StVO-Novelle vereinfacht. Die bisherige Erprobungsklausel ermöglichte es, verkehrssichernde oder regelnde Maßnahmen unter der Begründung einer erheblich erhöhten Gefahrenlage vorübergehend zu erproben. Diese Anforderung ist mit der Novellierung nun nicht mehr notwendig und Verkehrsversuche können ergebnisoffen durchgeführt werden. Eine weitergehende Öffnung des Straßenverkehrsrechts für Verkehrsversuche bedarf darüber hinaus einer Änderung auf Gesetzesebene, die in einem weiteren Schritt im Jahr 2020 angegangen werden soll.
- Vermehrte Öffnung von Einbahnstraßen für Radfahrende in Gegenrichtung: Straßenverkehrsbehörden werden zur Prüfung der Öffnungsmöglichkeit von Einbahnstraßen in Gegenrichtung für Radfahrende aufgerufen. Ziel ist es, hierdurch die Zahl der in Gegenrichtung freigegebenen Einbahnstraßen zu vergrößern.
- Carsharing: Die Änderungen der StVO beruhen auf dem Carsharinggesetz, welches die Voraussetzungen für die zuständigen Straßenverkehrsbehörden schafft, um Parkplätze rechtssicher für das Carsharing auszuweisen (siehe verwandte Instrumente). Carsharing-Stellplätze können nun auch in Parkraumbewirtschaftungs- und Bewohnerparkzonen eingerichtet werden und durch Beschilderung oder durch Anordnung auf Parkautomaten von den Parkgebühren oder der Nutzung einer Parkscheibe in Parkraumbewirtschaftungszonen befreit werden. Eingeführt wurden unter anderem ein neues Sinnbild, das als Grundlage für Zusatzzeichen Carsharing-Fahrzeugen bevorrechtigtes Parken ermöglicht und eine Plakette zur Kennzeichnung der Carsharing-Fahrzeuge, die gut sichtbar an der Windschutzscheibe zu befestigen ist.
- Parkflächen für elektrisch betriebene Fahrzeuge: Die StVO-Novelle stellt nun klar, dass die zuständigen Straßenverkehrsbehörden Parkflächen für elektrisch betriebene Fahrzeuge durch ein Sinnbild auf der Fahrbahn hervorheben können.
- Einführung eines Sinnbilds „mehrfachbesetzte “: Hinsichtlich der Durchführung von Verkehrsversuchen können Straßenverkehrsbehörden zukünftig das neu eingeführte Sinnbild für mehrfachbesetzte Pkw nutzen. Dieses ist vor allem bei der Durchführung von Verkehrsversuchen relevant.
Eine detaillierte Übersicht der Änderungen stellt das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) auf seiner Homepage zur Verfügung.
Fahrradzone Limbach in der Gemeinde Kirkel
Bebauungsplan
Carsharing Gesetz (CsgG)
Flächennutzungsplan
Pilotmaßnahmen
Stellplatzsatzung
Verkehrsentwicklungsplan
Verkehrsversuch
Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV), 01.11.2023: Informationen zum Bußgeldkatalog. Zugriff: https://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Artikel/StV/Strassenverkehr/update-stvo-novelle.html [abgerufen am 14.12.2023].
Straßenverkehrs-Ordnung (StVO), 28.08.2023. Zugriff: https://www.gesetze-im-internet.de/, Gesetze/Verordnungen, StVO [abgerufen am 14.12.2023].