Was ist ein Anrufbus (F-Bus)?
Anrufbusse verkehren im Flächenbetrieb (F-Bus) und besitzen keine Fahrplan- oder Linienbindung. In der Regel erfolgt die Anmeldung eines Fahrtwunsches 30 bis 90 Minuten im Voraus telefonisch oder online durch den Kunden oder die Kundin. Innerhalb des Bedienungsgebietes wird dabei eine Haustür-zu-Haustür-Bedienung angeboten. Liegt der Start- oder Zielort außerhalb des Bedienungsgebietes erfolgt in der Regel eine Verknüpfung an Umstiegshaltestellen. So kann das Bedienungsgebiet komfortabel erschlossen und an das (über-)regionale Liniennetz angeschlossen werden. Im Unterschied zum klassischen Taxi kann der Fahrtablauf nicht vom Fahrgast bestimmt werden, da mehrere Fahrgäste mit nahe gelegenem Start- und Zielort zusammen befördert werden. Der genaue Fahrtverlauf ergibt sich dabei ausschließlich aus der räumlichen und zeitlichen Verteilung der Fahrtwünsche, sodass sich für den einzelnen Nutzer oder die Nutzerin Umwege ergeben können.
Welche Vorteile bietet der Anrufbus (F-Bus)?
Anrufbusse bieten sich für den Einsatz in dünn besiedelten und dispers strukturierten Bedienungsgebieten an. Die Bedienungsgebiete umfassen häufig eine Fläche von mehr als 100 Quadratkilometern, die jedoch eine geringe Einwohnerdichte von weniger als 100 Einwohnern pro Quadratkilometer aufweisen. Tariflich ist die Nutzung des Anrufbusses in der Regel in das bestehende -Angebot eingebunden, sodass dieser mit einem normalen Fahrausweis, gegebenenfalls zuzüglich eines Komfortzuschlags, genutzt werden kann. Alternativ zur Haustürbedienung können als Start- oder Zielort bestehende (Bedarfs-)Haltestellen oder virtuelle Haltestellen genutzt werden.
In nachfrageschwachen Gebieten lässt sich das Fahrgastaufkommen in der Regel kaum sinnvoll auf feste Linien oder einen festen Fahrplan bündeln. Durch das flexible Angebot sollen teure und wenig ausgelastete Linienverkehre ersetzt und die vorhandenen Fahrzeuge und das Personal bedarfsgerecht eingesetzt werden. Zudem soll der Komfort und die Attraktivität des ÖPNV erhöht werden.
Anrufbusse können ein Grundangebot an Mobilität als Daseinsvorsorge in dispers besiedelten Gebieten sichern und zudem als Zubringer für bestehende Schnellbuslinien oder dem dienen. Aus Sicht der Nutzerinnen und Nutzer besitzt der Anrufbus einen hohen Komfort, da sowohl Start- als auch Zielort und Abfahrtszeit frei bestimmt werden können und die Teilhabe von Personen ohne einen eigenen erhöht wird.
Was ist für eine erfolgreiche Umsetzung zu beachten?
Für die Einführung des Anrufbusses sind verschiedene Partnerinnen und Partner, wie der Aufgabenträger (in der Regel die Kommune), die Kämmerei oder das örtliche Verkehrsunternehmen einzubinden. Zunächst müssen Untersuchungen durchgeführt werden, die die Gegebenheiten vor Ort (z. B. Bevölkerungsdichte, Siedlungsstruktur, Kundengruppen oder alternative Mobilitätsangebote) erfassen. Darüber hinaus ist es sinnvoll, unmittelbar mit den Bürgerinnen und Bürgern in einen Dialog zu treten, wenn beispielsweise speziell die Mobilität bestimmter Personengruppen (wie Seniorinnen und Senioren oder Familien) gefördert werden sollen. Darauf aufbauend können zielgerichtete Mobilitäts- und Bedienkonzepte entwickelt werden, nach denen der Anrufbus eingesetzt wird. Dies kann beispielsweise die Fokussierung auf nachfrageschwache Gebiete oder Tagesrandzeiten oder auch die Auswahl der Fahrzeuge betreffen. Der Anrufbus soll dabei nicht in Konkurrenz mit dem liniengebundenen ÖPNV treten. Dafür bietet es sich beispielsweise an, bei Anmeldung eines Fahrtwunsches zu prüfen, ob dieser auch mit dem bestehenden Angebot erfüllt werden kann. Die Grenzen zwischen den verschiedenen Bedienformen sind in der Praxis häufig nicht immer trennscharf und stellen oft eine Mischform aus Haltestellen- und Haustür-Bedienung dar. Grundlage für die Genehmigung von Anrufbussen bildet das Personenbeförderungsgesetz (PBefG). Aus Sicht der Kommune ist dabei insbesondere die Frage der Genehmigung des Anrufbusses als Linienverkehr nach § 42 bzw. als Sonderform des Linienverkehrs nach § 43 PBefG sowie die Einbindung in bestehende Verkehrsverträge von Bedeutung.
Im nächsten Schritt muss der Anrufbus in den ÖPNV-Betrieb integriert und die Finanzierung sichergestellt werden. Zur Finanzierung können verschiedene Förderprogramme und Investitionshilfen genutzt werden, die durch den Bund und die Länder zur Verfügung gestellt werden. Weitere Informationen zu (lokalen) Förderprogrammen müssen vor Ort recherchiert werden, beispielsweise in der Fördermitteldatenbank des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie. Für die Einführung eines Anrufbusses werden in der Regel einmalige Einführungskosten (Entwicklungskosten, Planungskosten, Sachkosten) fällig. Da die Fahrgeldeinnahmen im laufenden Betrieb die Kosten häufig nicht decken, ergibt sich zudem ein fortlaufender Zuschussbedarf über den Zeitraum der Nutzung. Die absolute Höhe der Kosten ist durch eine Vielzahl an Faktoren und insbesondere die Angebotsausgestaltung, durchschnittlich zurückgelegte Strecke und Tarifpolitik geprägt. Um das neue Angebot vor Ort bekannt zu machen und mögliche Berührungsängste abzubauen, bieten sich begleitende Kommunikations- und Marketingmaßnahmen an. Im weiteren Betrieb sollte aufmerksam beobachtet werden, welche Nutzungsverhalten sich einstellen und ob gegebenenfalls noch Optimierungsbedarf besteht.
Aufgrund der hohen Ähnlichkeit zum Taxi kann es bei der Einführung zu Widerständen beim örtlichen Taxigewerbe führen. Eine weitere Hürde stellt die Genehmigung des Anrufbusses als Linienverkehr nach § 42 bzw. § 43 PBefG dar. Grundsätzlich ist dabei nach § 2 in Kombination mit § 1 PBefG jegliche entgeltliche und geschäftsmaßige Beförderung von Personen genehmigungspflichtig. Insbesondere beim Anrufbus ist die Genehmigung jedoch nicht eindeutig und häufig schwierig. Die rechtlich zulässigen Verkehrsarten und -formen werden in §§ 42 ff. PBefG abschließend aufgezählt. Da der Anrufbus weder nach Fahrplan noch liniengebunden verkehren kann, kann er in der Regel nicht als Linienverkehr nach § 42 PBefG konzessioniert werden. Nach § 2 Abs. 6 und 7 PBefG besteht jedoch die Möglichkeit, den zulässigen Verkehrsarten nach §§ 42 ff. PBefG ähnliche Verkehrsarten zuzulassen sowie im Rahmen eines „Experiments“ neue Verkehrsarten zu erproben. Verkehrsformen, die sich keiner der vom Gesetz vorgesehenen Verkehrsarten zuordnen lassen, sind nicht genehmigungsfähig und damit grundsätzlich verboten. Durch die Aufhebung der Linien- und Fahrplanbindung sinkt die Wahrscheinlichkeit Fahrgäste zu bündeln. Durch die Flächenbedienung und disperse Nachfrage ergeben sich zum Teil hohe durchschnittliche Reiseweiten. Der Fahrzeugeinsatz ist daher nur bedingt planbar und stellt eine komplexe Herausforderung dar. Aus Sicht der Kundinnen und Kunden müssen Fahrtwünsche im Voraus angemeldet werden, was eine Hemmschwelle darstellen kann und eine spontane Nutzung erschwert.
Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBSR), 2009: Handbuch zur Planung flexibler Bedienungsformen im ÖPNV. Zugriff: https://d-nb.info [abgerufen am 27.12.2023].
Umweltbundesamt (UBA), 2019: Ökologische und ökonomische Potenziale von Mobilitätskonzepten in Klein- und Mittelzentren sowie dem ländlichen Raum vor dem Hintergrund des demographischen Wandels. Zugriff: https://www.umweltbundesamt.de, Publikationen [abgerufen am 27.12.2023].