Barrierefreier ÖV

Rampe in einem Bus.
Quelle: juananbarros / Getty Images

Was ist der barrierefreie ÖV? 

Der barrierefreie ÖV ist ohne große Schwierigkeiten und grundsätzlich ohne fremde Hilfe auffindbar, zugänglich und nutzbar. So wird die Teilnahmemöglichkeit aller Menschen am ÖV sichergestellt und damit der Daseinsvorsorgeanspruch erfüllt. Die barrierefreie Gestaltung des ÖV eröffnet neue Mobilitätschancen, insbesondere für mobilitätseingeschränkte Personen. Der ÖV hat für diese Personen eine zentrale Bedeutung, da andere Verkehrsmittel häufig nur eingeschränkt oder überhaupt nicht zur Verfügung stehen. Die barrierefreie Gestaltung kommt dabei nicht nur diesen Personen zu Gute, sondern steigert insgesamt die Nutzungsqualität (z. B. auch für Fahrgäste mit Kinderwagen, Fahrrädern, Gepäck etc.).

Welche Vorteile bietet der barrierefreie ÖV? 

Ausgangspunkt ist grundsätzlich die gesetzliche Vorgabe zur Erreichung der Barrierefreiheit im ÖV bis zum 1. Januar 2022 gemäß Personenbeförderungsgesetz (PBefG). Bei der barrierefreien Gestaltung des ÖV dürfen nicht nur einzelne Komponenten des ÖV-Systems barrierefrei gestaltet sein. Vielmehr muss ein ganzheitliches barrierefreies und in Abhängigkeit der örtlichen Umgebung aufeinander abgestimmtes System bereitgestellt werden. Dieses umfasst den barrierefreien Zugang zu Haltestellen und Fahrzeugen und den barrierefreien Zugang zu Vertriebskanälen. Zu ergänzen ist dieses System durch barrierefreie Zu- und Abgangswege zwischen Haustür und Haltestelle (barrierefreie Straßenraumgestaltung). Zudem ist für kognitiv eingeschränkte Personen ein möglichst barrierefreier Zugang durch Orientierungssysteme (z. B. mit Elementen der Bildsprache, schlüssigen Farben, eindeutigen und durchgängigen Richtungsangaben), leicht verständliche Informationen, ein einfach aufgebautes Tarifsystem und entsprechend einfache App-Nutzungsmöglichkeiten einzubeziehen. Nur im Zusammenspiel der Einzelkomponenten ist Barrierefreiheit im ÖV für alle Menschen auf Basis des heutigen Standes der Technik sicherzustellen. 

Was ist für eine erfolgreiche Umsetzung zu beachten? 

Das Ziel einer barrierefreien Gestaltung des ÖV ist in verschiedenen Gesetzen festgeschrieben. So enthalten das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz, die Verordnung über den Bau und Betrieb der Straßenbahnen (BOStrab), die Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung (EBO) und die ÖPNV -Gesetze der Länder Klauseln, die eine behindertengerechte Gestaltung des ÖV fordern. Nach § 8 Absatz 2 des Gesetzes zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen (BGG) sind "öffentlich zugängliche Verkehrsanlagen und Beförderungsmittel im Öffentlichen Personenverkehr nach Maßgabe der einschlägigen Rechtsvorschriften des Bundes barrierefrei zu gestalten". Gesetzlicher Ausgangspunkt ist die Regelung in § 8 Abs. 3 PBefG , die sich an die Aufgabenträger richtet und den Bezugspunkt für die weiteren Normen im novellierten PBefG mit Bezug zur Barrierefreiheit bildet: „(...) Der Nahverkehrsplan hat die Belange der in ihrer Mobilität oder sensorisch eingeschränkten Menschen mit dem Ziel zu berücksichtigen, für die Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs bis zum 1. Januar 2022 eine vollständige Barrierefreiheit zu erreichen". Die Entwicklung und Überarbeitung von Nahverkehrsplänen ist damit das zentrale Instrument für die barrierefreie Gestaltung des ÖV.

Vor Ort kann die Einführung eines barrierefreien ÖV durch zielgerichtete Voruntersuchungen unterstützt werden. Zunächst sollte dabei eine Bestandsanalyse des ÖV-Angebots erfolgen, die Schwachstellen und Umsetzungsschritte identifiziert. Durch die Einbindung von Senioren und mobilitätseingeschränkten Personen, beispielsweise in Workshops oder Befragungen, können die Ergebnisse der Bestandsanalyse vertieft und prioritäre Handlungsschritte erarbeitet werden. Durch begleitende Kommunikations- und Marketingmaßnahmen oder spezielle Trainingsangebote lassen sich barrierefreie Angebote in den Zielgruppen bewerben und mögliche Berührungsängste abbauen. 

Für den barrierefreien ÖV fallen überwiegend Investitionskosten für die Umgestaltung der Infrastrukturen und Fahrzeuge an. Die Höhe der Kosten ist dabei abhängig vom aktuellen Grad der Barrierefreiheit und dem Umfang des ÖV-Angebotes. Einzelne Maßnahmen zur Barrierefreiheit werden jedoch häufig über verschiedene Instrumente gefördert, sodass sich die tatsächlich anfallenden Kosten für die Kommunen/Aufgabenträger deutlich reduzieren. Laufende Kosten beziehen sich auf den Unterhalt der Infrastruktur (z. B. Reinigung, Instandhaltung, Schneeräumung von Rampen) und der Fahrzeuge und unterscheiden sich nur geringfügig von einem nicht barrierefreien ÖV-Angebot.

Aus Sicht der Kommunen und Aufgabenträger stellt zum einen der hohe Finanzbedarf der Kommunen und Aufgabenträger für die Investitionen in den barrierefreien Ausbau eine Hürde dar, zum anderen die langen Lebensdauern von Infrastruktureinrichtungen und Fahrzeugen im ÖPNV, die einen kurzfristigen Austausch erschweren. Trotz barrierefreiem Ausbau kann gerade in ländlichen Regionen mit geringem Takt eine zu kurze Umsteigezeit eine Hürde für mobilitätseingeschränkte Personen darstellen. Eine Verlängerung der Umsteigezeiten würde jedoch für alle Fahrgäste die Reisezeit erhöhen und damit die Attraktivität des ÖV im Vergleich zum MIV reduzieren.

Bundesministerium für Digitales und Verkehr, 2016: Mobilitäts- und Angebotsstrategien in ländlichen Räumen. Zugriff: https://bmdv.bund.de, Publikationen [abgerufen am 15.12.2023].

Forschungsinformationssystem (FIS), 18.03.2020: Barrierefreie Gestaltung des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV). Zugriff: www.forschungsinformationssystem.de, Personenverkehr, Mobilität und Raum, Öffentlicher Nahverkehr (Land), Barrierefreie Gestaltung des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) [abgerufen am 15.12.2023].

Karlsruher Verkehrsverbund GmbH (KVV), o. J.: Leitfaden zum barrierefreien Ausbau von Bushaltestellen im KVV. Zugriff: www.kvv.de, Service, Downloads, Informationsbroschüren [[abgerufen am 15.12.2023].

Landkreis Hassberge, 2017: Bauliche Standards für den barrierefreien Ausbau von Bushaltestellen im VGN, Anlage 1 zum Nahverkehrsplan nach der Leitlinie zur Nahverkehrsplanung Hassberge. Zugriff: https://www.hassberge.de/fileadmin/user_upload/OEPNV/Anlage_1_2017-03-2… [abgerufen am 15.12.2023].

Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV), 2012: Barrierefreier ÖPNV in Deutschland. Köln.

Verkehrsverbund Rhein-Neckar (VRN), 2016: Barrierefreie Bushaltestellen, Empfehlungen für Aus- und Umbau im Verkehrsverbund Rhein-Neckar. Zugriff: www.vrn.de, Der VRN, Planung, Barrierefreie Bushaltestellen [abgerufen am 15.12.2023].

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