Was sind Gästetickets?
In einigen Urlaubsregionen erhalten Übernachtungsgäste sogenannte Gästetickets mit denen sie den öffentlichen Nahverkehr nutzen können. Finanziert wird dies durch eine von den Gästen zu entrichtende Kurtaxe oder Übernachtungspauschale. Während eine Kurtaxe von allen Beherbergungsbetrieben einer Kommune erhoben wird, sind Übernachtungspauschalen Aufschläge auf den Übernachtungspreis bei teilnehmenden Beherbergungsbetrieben. In vielen Regionen werden Gästetickets nur angeboten, wenn die in Frage kommenden Regionen oder Beherbergungsbetriebe sich freiwillig dazu entschließen. Die Kosten des Gästetickets sind regional unterschiedlich und liegen in der Regel bei unter einem Euro pro Übernachtung und Gast. Der teilnehmende Beherbergungsbetrieb führt den Aufschlag dann an den Verkehrsverbund oder das Verkehrsunternehmen ab.
Welche Vorteile bieten Gästetickets?
Vor allem in ländlichen Räumen handelt es sich bei Übernachtungsgästen häufig um Touristinnen und Touristen. Gästetickets ermöglichen den Übernachtungsgästen eine kostenlose Nutzung des öffentlichen Verkehrs. Besonders im Urlaub sind die meisten Menschen weniger unter Zeit- und Termindruck und verzichten somit eher auf die Nutzung des privaten zugunsten öffentlicher Verkehrsmittel, z. B. um beliebte Ausflugs- und Kulturziele zu besuchen. Dies wird durch das kostenlose Angebot gefördert. Neben der Ersparnis entfällt für die Übernachtungsgäste die Auseinandersetzung mit dem jeweiligen Tarif- und Vertriebssystem. Somit sinkt die Hemmschwelle zur Nutzung des öffentlichen Verkehrs.
Im öffentlichen Verkehr können zudem Fahrräder transportiert werden, sodass zusätzlich neue Aktivitäten im Urlaub erschlossen werden, wie beispielsweise längere Radtouren. Häufig ist das Gästeticket mit weiteren attraktiven Vergünstigungen verbunden. So erhalten Gäste beispielsweise in Schwimmbädern, Freizeitparks, Museen, bei Fahrradverleihanbietern, Fähren oder Seilbahnen Rabatte bei Vorlage des Gästetickets. Teilweise wird das Gästeticket bereits vorab per Post zugesendet, sodass das Ticket bereits für die Anreise zum Urlaubsort genutzt werden kann. So können Gäste bestenfalls ganz auf das Auto verzichten.
Dem Tourismus kommt in ländlichen Räumen häufig eine relativ große wirtschaftliche Bedeutung zu. Gleichzeitig ist die Nachfrage nach öffentlichen Verkehrsmitteln außerhalb des Schülerverkehrs oft sehr gering, sodass die Aufrechterhaltung eines regulären Linienangebotes außerhalb der Schulzeiten schwierig sein kann. Der Finanzierungsbeitrag des Gästetickets ist somit auch ein Instrument der Drittnutzerfinanzierung des öffentlichen Verkehrs und senkt den Zuschussbedarf der Verkehrsunternehmen. Somit trägt es dazu bei, das Angebot aufrechterhalten und bestenfalls sogar ausbauen zu können.
Eine gute -Anbindung ist neben dem Tourismus auch für die Ansiedelung junger Menschen und Unternehmen ein wichtiger Standortfaktor und somit sehr bedeutend für die Zukunftsfähigkeit ländlicher Gemeinden. Für die Gemeinden wirkt sich die verstärkte Nutzung des öffentlichen Verkehrs zudem durch ein geringeres Verkehrsaufkommen, weniger Staus und eine niedrigere Lärm- und Emissionsbelastung positiv aus.
Für die Beherbergungsbetriebe ist das Gästeticket ein Wettbewerbsvorteil und Werbeinstrument, mit dem sie sich von der Konkurrenz nicht teilnehmender Betriebe oder Regionen ohne Gästeticket abheben. Zudem erhöht sich häufig die durchschnittliche Aufenthaltsdauer der Gäste. In der Region Eifel hat eine Untersuchung ergeben, dass die Aufenthaltsdauer der Gäste in der Region mit Gästeticket doppelt so lang war, wie die der Gäste ohne entsprechendes Ticket. Tatsächlich genutzt wurde das Gästeticket an durchschnittlich einem Drittel der Urlaubstage.
Wird das Gästeticket mit weiteren Vergünstigungen kombiniert (z. B. für Schwimmbäder, Freizeitparks etc.), ergibt sich für diese Kooperationspartner durch das Gästeticket eine weitere Werbeplattform.
Was ist für eine erfolgreiche Umsetzung zu beachten?
Wichtig für eine erfolgreiche Umsetzung ist die Kooperation der örtlichen Unternehmen. Diese kann von der Gemeinde bzw. der lokalen Tourismusförderung gestärkt werden. Besonders attraktiv ist die Gästekarte, wenn regionale Anbieter von Freizeitangeboten ebenso Vergünstigungen anbieten. Zudem ist eine Abstimmung der Kommune mit den anderen Aufgabenträgern für den öffentlichen Verkehr in der Region wichtig, damit gemeinsam eine gute Anbindung der Sehenswürdigkeiten, Einkaufs-, Kultur- und Ausflugsziele erreicht werden kann. Hierzu sollten Kommunen auch das Instrument der Nahverkehrsplanung nutzen.
Um die verschiedenen Akteure aktiv in die Einführung und Weiterentwicklung der Gästekarte einzubinden, kann die Kommune beispielsweise regelmäßige Arbeitsgruppen mit den verschiedenen Stakeholdern (Verkehrsunternehmen, Aufgabenträger, Beherbergungsbetriebe, Vertreter der Tourismusbranche, Wirtschaftsförderung, Museen etc.) durchführen und auf ihrer Homepage sowie in anderen kommunalen Veröffentlichungen auf die Gästekarte hinweisen.
Die größte Hürde stellt zunächst das Zusammenbringen der verschiedenen Akteure und die Vermittlung der Vorteile eines gemeinsamen Gästetickets dar. Nur wenn genügend Betriebe daran teilnehmen, ist die Maßnahme erfolgsversprechend. Um Umsetzungsschwierigkeiten vorzubeugen, sollte eine Koordinationsstelle für die Gästekarte bei einer für den Tourismus in der Region zuständigen Stelle eingerichtet werden. Auch sollten die Beherbergungsbetriebe über Kenntnisse des bestehenden öffentlichen Verkehrsangebotes und der sonstigen Angebote verfügen bzw. entsprechend geschult werden, damit sie den Gästen entsprechende Auskünfte geben können.
Hamburg Institut sustainable strategies, 18.10.2016: Grundlagenuntersuchung „Instrumente zur Drittnutzerfinanzierung für den ÖPNV in Baden-Württemberg“, Endbericht für das Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg. Zugriff: https://vm.baden-wuerttemberg.de/fileadmin/redaktion/m-mvi/intern/Datei… [abgerufen am 11.12.2023].
KlimaTour Eifel - Netzwerk Klimaschutz und Tourismus, o. J.: Das GästeTicket nimmt Fahrt auf - So geht es mit Bus und Bahn in die Erlebnisregion Nationalpark Eifel. Zugriff: http://www.klimatour-eifel.de/aktuelles/aktuelle-meldung/Das-GaesteTick… [abgerufen am 11.12.2023].
Waluga, Gregor, 2017: Das Bürgerticket für den öffentlichen Personennahverkehr. Zugriff: Wuppertaler Schriften zur Forschung für eine nachhaltige Entwicklung, Band 9. Zugriff: https://epub.wupperinst.org/ [abgerufen am 11.12.2023].
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