Liniengebundener Bürgerbus

Ein Mann steigt in eine Bürgerbus ein
Quelle: Mobilikon 2021

Was ist ein liniengebundener Bürgerbus? 

Ein liniengebundener Bürgerbus verbindet die Merkmale eines Bürgerbusses mit den Merkmalen eines liniengebundenen  ÖPNV -Angebotes.

Ein liniengebundener Bürgerbus wird von ehrenamtlich engagierten Bürgerinnen und Bürgern betrieben. Damit entfallen die Personalkosten, wodurch die Verkehrsleistung vergleichsweise günstig erbracht werden kann. Es gibt verschiedene Zielgruppen. Viele Bürgerbus-Angebote sind auf Menschen ausgerichtet, die in höherem Maße auf den ÖPNV angewiesen sind, beispielsweise Kinder, Jugendliche und ältere Menschen. Ein Bürgerbus kann sich aber auch an weitere Zielgruppen richten, z. B. Pendlerinnen und Pendler. Wichtig ist, dass die Angebotsgestaltung zwar von den Bedürfnissen bestimmter Zielgruppen ausgehen kann, im genehmigungspflichtigen Betrieb aber kein Fahrgast von der Beförderung ausgeschlossen werden darf. 

Ein liniengebundener Bürgerbus verkehrt nach Fahrplan auf einer festgelegten Route. Der Unterschied zu einem klassischen Linienbus besteht also lediglich in der Organisationform, nicht in der Bedienungsform. 

Welche Vorteile bietet ein liniengebundener Bürgerbus? 

Ein Bürgerbus schließt räumliche und/oder zeitliche Lücken im ÖPNV-Angebot. Je nach Bürgerbus-Angebot stehen Nutzerinnen und Nutzern beispielsweise neue Fahrtstrecken zur Verfügung oder eine verbesserte Anbindung an das ÖPNV-Netz. Wenn bei der Gestaltung des Angebots gezielt die Anbindung von Versorgungseinrichtungen, etwa Geschäften oder Arztpraxen, berücksichtigt worden ist, verbessert dies die Versorgungslage vor Ort. Ein großer Vorteil der Linienbindung ist die einfache Nutzung, da die Angebotsform des liniengebundenen Busses der Bevölkerung bereits aus dem ÖPNV-Angebot bekannt und eine Anmeldung im Vorfeld nicht notwendig ist.

Für die Kommune ist der liniengebundene Bürgerbus eine kostengünstige Ergänzung des ÖPNV-Angebots. In der Regel verkehren Bürgerbusse in dünn besiedelten Gebieten auf Strecken und zu Zeiten, die für ein herkömmliches ÖPNV-Angebot wirtschaftlich nicht tragfähig sind. 

Im Vordergrund steht aber nicht nur die Verbesserung des Mobilitätsangebots, sondern auch die Möglichkeit, mit Menschen in Kontakt zu treten. Die Nutzung von Bürgerbussen und das Engagement in Bürgerbusvereinen bieten Raum für gesellschaftlichen Anschluss und stärken den Zusammenhalt im Bedienungsgebiet. 

Was ist für eine erfolgreiche Umsetzung zu beachten?

Ein Bürgerbus wird zumeist durch einen Bürgerbusverein betrieben und geht auf die Initiative einzelner Bürgerinnen und Bürger zurück. Diese stehen zunächst vor der Frage, wie das Angebot ausgestaltet werden soll (z. B. Festlegung von Bedienungsgebiet und Fahrplan). Hierfür ist eine Potenzialabschätzung unabdingbar. Sie dient zur Sicherstellung einer ausreichenden Nachfrage für das Angebot und kann zudem als Argumentationshilfe gegenüber den Gemeinden und Landkreisen verwendet werden. Für die Nachfrage- und Bedarfsermittlung müssen Untersuchungen durchgeführt werden, die die Gegebenheiten vor Ort (z. B. Bevölkerungsdichte, Siedlungsstruktur, Kundengruppen oder alternative Mobilitätsangebote) erfassen. Dabei ist es sinnvoll, die Bevölkerung beispielsweise über eine Bürgerbefragung einzubeziehen. Bei der Gestaltung des liniengebundenen Bürgerbusses sind auch die angebotsseitigen Beschränkungen zu berücksichtigen. In der Regel steht für den Bürgerbus nur ein Fahrzeug mit gegebener Kapazität (max. acht Fahrgastplätze) zur Verfügung. Auch die Zahl der ehrenamtlichen Fahrkräfte ist begrenzt und bestimmt die möglichen Angebotsstunden. Der liniengebundene Bürgerbus soll bestehende Verkehrsangebote ergänzen, aber nicht ersetzen. Die Abstimmung mit den örtlichen Verkehrsunternehmen ist daher unabdingbar. 

Auf welcher rechtlichen Grundlage beruht ein liniengebundener Bürgerbus? 

Für den Betrieb bestehen zwei Optionen: 

  1. Der Bürgerbus kann in der sogenannten „genehmigungsfreien Nische“ nach § 1 Abs. 2 Nr. 1  PBefG verkehren. In diesem Fall unterliegt die Beförderung nicht dem PBefG. Das Entgelt, das erhoben wird, darf die Betriebskosten der Fahrt nicht übersteigen. Das kann die wirtschaftliche Tragfähigkeit des Bürgerbusses erschweren. Bei einem Bürgerbus in der „genehmigungsfreien Nische“ ist die Abstimmung mit Verkehrsunternehmen nicht erforderlich, aber dennoch sinnvoll. Die Notwendigkeit einer Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung (Personenbeförderungsschein) entfällt.
  2. Die zweite Option besteht darin, den Bürgerbus als ÖPNV-Linienverkehr nach § 42 PBefG bzw. als Sonderform des Linienverkehrs nach § 43 PBefG (z. B. Marktfahrten) zu betreiben. In diesem Fall sind eine Genehmigung und eine Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung erforderlich. Bürgerbusvereine können eine eigene Genehmigung nach PBefG beantragen. Hierfür müssen allerdings einige Voraussetzungen erfüllt werden. Insbesondere muss ein Vorstandsmitglied des Vereins über die Sach- und Fachkundeprüfung für Straßenpersonenkraftverkehr verfügen. Diese erfordert die Teilnahme an einer Lehrveranstaltung, die etwa 60 Stunden dauert und rund 500 Euro kostet. Die meisten Bürgerbusvereine agieren deshalb formal als Subunternehmer eines Verkehrsunternehmens. Das setzt allerdings voraus, dass das Verkehrsunternehmen bereit ist, den Bürgerbus zu unterstützen und die Verantwortung zu übernehmen, die mit der Genehmigung einhergeht. Ein Bürgerbus im genehmigungspflichtigen Betrieb darf einen Fahrpreis bis zur Höhe des ortsüblichen Verbundtarifs erheben. Damit ist eine wesentliche Grundlage für einen wirtschaftlich dauerhaft tragfähigen Betrieb gegeben. Ein genehmigungspflichtiger Bürgerbusbetrieb ist in das bestehende ÖPNV-Angebot integriert. Das gibt dem Bürgerbus eine größere Sichtbarkeit und kann die Nutzung erleichtern.

Welche Akteure sind an der Umsetzung beteiligt?

An einem liniengebundenen Bürgerbus beteiligen sich im Wesentlichen Ehrenamtliche, Gemeinden, Verkehrsunternehmen und Landkreise bzw. kreisfreie Städte. Die Aufgabenverteilung richtet sich sowohl nach der Ausgestaltung des Angebots als auch nach den jeweiligen Gegebenheiten, Möglichkeiten und Interessen.

In der Regel nehmen die Ehrenamtlichen vielfältige Aufgaben wahr, wie beispielsweise:

  • Fahrdienst,
  • Disposition,
  • Wartung und Pflege,
  • Werbung und Öffentlichkeitsarbeit,
  • Interessenvertretung und Vereinsleben.

Als Betreiber des übrigen ÖPNV-Angebots unterstützen die örtlichen Verkehrsunternehmen die Betreiber des Bürgerbusses bei der Erarbeitung des Bürgerbus-Angebots. Oft beantragt ein Verkehrsunternehmen die Genehmigung für die Bürgerbus-Linie und lässt den Bürgerbus als Subunternehmen agieren. Das Verkehrsunternehmen kann auch weitere Aufgaben übernehmen, etwa die Wartung oder die Einnahmenabrechnung. 

Die Gemeinde ist meist an der Finanzierung beteiligt. Diese kann sich auf die Investitionskosten, insbesondere die Anschaffungskosten des Fahrzeugs, und/oder auf die Betriebskosten beziehen. Die Gemeinde kann als Fahrzeughalterin fungieren und das Fahrzeug mit anderen Gemeindefahrzeugen versichern und warten lassen. Sie kann auch Rechtsträgerin und Konzessionsinhaberin sein. Außerdem kann sie praktische Hilfe leisten, indem sie z. B. Räumlichkeiten für Arbeitsgruppen zur Verfügung stellt oder die Ehrenamtlichen durch Verwaltungsmitarbeitende unterstützt. Die Gemeinde kann auch die ehrenamtliche Tätigkeit des Bürgerbusvereins öffentlich würdigen und damit den Gemeinschaftssinn und die Motivation der Mitglieder stärken. 

Die Vernetzung mit anderen Bürgerbusvereinen ist sinnvoll, um praxisorientierte Ratschläge zu erhalten. Auch Bürgerbus-Interessensverbände (z. B. Pro Bürgerbus NRW e. V.) können Hilfe leisten.

Der Bürgerbusbetrieb erfordert ein hohes Maß an langfristigem Engagement. Es müssen sich genügend Menschen zusammenfinden, die die notwendige Motivation mitbringen und die verschiedenen für den Betrieb notwendigen Kompetenzen bündeln, beispielsweise das Fahren, das Disponieren oder das Beantragen von Fördermitteln. Der Öffentlichkeitsarbeit kommt im Bürgerbusbetrieb eine hohe Bedeutung zu, um Fahrgäste und Ehrenamtliche zu gewinnen und den Betrieb langfristig aufrechtzuerhalten. Hierbei kann die Gemeinde unterstützen.

Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) (Hrsg.), 2016: Mobilitäts- und Angebotsstrategien in ländlichen Räumen. Planungsleitfaden für Handlungsmöglichkeiten von ÖPNV-Aufgabenträgern und Verkehrsunternehmen unter besonderer Berücksichtigung wirtschaftlicher Aspekte flexibler Bedienungsformen. Zugriff: https://bmdv.bund.de/DE/Home/home.html, Service, Publikationen [abgerufen am 05.02.2024].

Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg mbH (NVBW) (Hrsg.), 2015: BürgerBusse in Fahrt bringen. Stationen auf dem Weg zum BürgerBus. Zugriff: https://www.nvbw.de, Menü, Aufgaben, Planung & Förderprogramme, Kompetenznetz ÖPNV, Bürgerbusse [abgerufen am 18.12.2023].

Pro Bürgerbus NRW e. V. (Hrsg.), 2019: Bürger fahren für Bürger. Leitfaden für die Einrichtung und den Betrieb von Bürgerbussen. Zugriff: http://www.pro-buergerbus-nrw.de Service, Broschüren & Downloads, Broschüren [abgerufen am 18.12.2023].

Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg GmbH (VBB) (Hrsg.), Dezember 2005: BürgerBusse im Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg. Handbuch für Betreiber, Fahrer und Fahrgäste. Zugriff: https://www.buergerbusse-brandenburg.de, Bürgerbus für meine Region?, Potentialabschätzung [abgerufen am 18.12.2023].

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