Anrufbus: MultiBus Heinsberg

MultiBus mit Fahrgästen an einer Bushaltestelle
Quelle: Team VK - Werbeagentur GmbH & Co. KG, Otto-Hahn-Straße 9, 52525 Heinsberg

Was ist der MultiBus Heinsberg?

Die drei Gemeinden, in denen der MultiBus hauptsächlich verkehrt, sind geprägt durch disperse Flächenstrukturen mit geringem Fahrgastaufkommen, vor allem in den Randzeiten außerhalb der Schulzeiten. Daher ist das ÖPNV-Angebot nur mäßig erschlossen und offenbart den 31.000 Einwohnerinnen und Einwohnern der Region, vor allem in den Abendstunden, große Mobilitätsdefizite. Aus diesem Grund wurde als Ergänzung zum bereits bestehenden Bus- und Bahnverkehr im Kreis Heinsberg der MultiBus eingeführt, der innerhalb der Randzeiten die Mobilität sichert. In den Abendstunden wurde das Bediengebiet des MultiBus zusätzlich auf den gesamten Kreis ausgeweitet.

Im Kreis Heinsberg wohnen rund 254.000 Menschen auf einer Fläche von 628 km², daraus ergibt sich eine Dichte von 405 Menschen pro km². Siedlungsstrukturell wird der Landkreis den hochverdichteten Kreisen zugeordnet. Das Kerngebiet des Multibus besteht aus den drei Gemeinden Gangelt, Selfkant und Waldfeucht. Dort leben zusammen 31.000 Menschen auf einer Fläche von 121 km². Daraus ergibt sich eine disperse Siedlungsstruktur. Nach Definition des BBSR lassen sich Gangelt, Selfkant und Waldfeucht als mittelgroße Gemeinden einstufen. Dabei ist auffällig, dass entgegen der in ländlichen Räumen häufig erkennbaren Entwicklung in den Gemeinden eine vergleichsweise junge Altersstruktur vorherrscht. Viele junge Familien mit Kindern senken den Altersdurchschnitt.

Der MultiBus ist ein Anrufbus, der mittlerweile sowohl Haltestellen als auch andere Stellen bedient und mindestens 60 Minuten im Voraus telefonisch bei der MultiBus- bzw. Dispositionszentrale angemeldet werden muss. Dabei müssen der Name, die Adresse, der gewünschte Abfahrtsort sowie die Abfahrtszeit, das Fahrtziel und die Personenzahl genannt werden. Daraufhin wird die Fahrt bestätigt und die Einzelheiten zu Abholort sowie -zeit durchgegeben. Bei regelmäßiger Nutzung sind auch Daueraufträge für eine Woche im Voraus buchbar.

Der MultiBus verkehrt ausschließlich bedarfsorientiert und ohne festen Fahrplan. Um eine möglichst große Erschließungswirkung zu erzielen, wurde die Haltestellendichte kontinuierlich erweitert. Um jede Haltestelle wurde ein Haltestellen-Einzugsgebiet mit einem Radius von 200 Metern generiert. Innerhalb dieser Einzugsbereiche ist eine Abholung an der Haustür möglich. Das garantiert eine hohe Erreichbarkeit des MultiBus.

Für den MultiBus wird kein gesonderter Zuschlag auf den Standard-Fahrpreis erhoben. Das heißt, dass die normalen Fahrpreise des Aachener Verkehrsverbundes (AVV) gelten. Außerdem können im Bus auf Wunsch auch Tages-, Wochen- und Monatskarten erworben werden. Zusätzlich muss für jedes Fahrrad eine eigene Fahrkarte gekauft werden, Kinderwagen und Rollstühle werden kostenlos befördert. Auch eine Fahrradmitnahme ist möglich.

Der MultiBus verkehrt kreisweit werktags zwischen 20:00 Uhr und 00:30 Uhr, samstags von 06:30 Uhr bis 00:30 Uhr sowie an Sonn- und Feiertagen zwischen 07:30 Uhr und 00:30 Uhr. In den Gemeinden Gangelt, Selfkant und Waldfeucht werden gesonderte Betriebszeiten angeboten. Dort verkehrt der MultiBus an Werktagen von 09:00 Uhr bis 12:00 Uhr sowie von 14:00 Uhr bis 00:30 Uhr. An Samstagen erfolgt eine ganztägige Bedienung zwischen 06:30 Uhr bis 00:30 Uhr und an Sonntagen und Feiertagen zwischen 07:30 Uhr und 00:30 Uhr (Stand: 27.11.2023). Wer regelmäßig zur selben Uhrzeit fährt, kann auch eine Dauerbestellung aufgeben. Hin- und Rückfahrten können auch gleichzeitig gebucht werden.

Welche Ziele werden mit dem Multibus Heinsberg verfolgt?

Ziel des MultiBus Heinsberg ist die Erschließung der Kommunen und deren Anschluss an das regionale Liniennetz, die Reduzierung der Mobilitätsdefizite sowie die Umsetzung und Erprobung eines attraktiven und auf andere ländliche Räume übertragbaren Mobilitätskonzeptes.

Wie erfolgte die konkrete Umsetzung?

ÖPNV-Aufgabenträger ist das kommunale Verkehrsunternehmen WestVerkehr des Kreises Heinsberg. Mithilfe der Konzession als Linienverkehr nach § 42 PBefGist es möglich, verschiedene Fördergelder und Ausgleichsmittel in Anspruch zu nehmen. Da der MultiBus aus kapazitativen Gründen nicht ausschließlich mit eigenen Fahrzeugen betrieben werden kann, arbeitet die Verkehrsgesellschaft auch mit Taxi- und Busunternehmen zusammen, die im Auftrag der WestVerkehr in festgelegten Bedienungskorridoren MultiBus-Auftragsfahrten mit eigenen Fahrzeugen übernehmen. Auch die Dispositionszentrale wurde mittlerweile an einen externen Dienstleister ausgelagert. Um unwirtschaftlichen Parallelverkehr zu vermeiden, werden bei der Bearbeitung der Anfrage auch Bus- und Bahnlinien geprüft.

Sowohl für die Erarbeitung als auch für die Einführung des Angebotes wurde frühzeitig die Öffentlichkeit eingebunden. So wurden beispielsweise Fokusgruppen gebildet, um das Angebot zu gestalten. Die Marketing- und Kommunikationsstrategie stützt sich auf verschiedene Kanäle, online wie offline, um unterschiedliche Zielgruppen zu erreichen.

Im Rahmen der Einführung des MultiBus im Jahr 2003 konnte der vorherige Linienverkehr um 157.000 Kilometer reduziert werden. Dadurch konnte die Wirtschaftlichkeit des aufgrund von niedriger Auslastung defizitären Systems stark verbessert werden. Um weitere Defizitreduzierungen zu erzeugen, wurden zusätzliche Anpassungen an dem MultiBus getroffen. Unter anderem wurden in 2009/2010 Fahrplanänderungen (Erweiterung des Fahrplanangebotes in den Abendstunden) beschlossen, die zu einer wesentlichen Steigerung der Nachfrage und Betriebseffizienz führten. 

Um das Angebot bei potenziellen Kundinnen und Kunden bekannt zu machen, verfolgt das Verkehrsunternehmen eine klare Strategie. Mithilfe eines Kommunikationskonzeptes wird der MultiBus beworben und ein positives Image erzeugt. Dabei werden individuelle, aber konventionelle Marketingmaßnahmen eingesetzt, wie beispielsweise ein regelmäßig aktualisierter Flyer, der die Vorteile des MultiBus darstellt und der auf der Homepage des Verkehrsverbundes bereitgestellt wird.

Der MultiBus Heinsberg gilt als Erfolg. Die Nachfragesteigerung, die mit dem MultiBus einherging, hat zum Teil in der Folge sogar zur Wiedereinführung von regulärem Buslinienverkehr geführt.

Im Schnitt sitzen nur wenige Passagiere im MultiBus, sodass keine Wirtschaftlichkeit gegeben ist. Daher muss versucht werden, mehr Kundinnen und Kunden gleichzeitig zu befördern. Dies ist entweder über die Gewinnung von mehr Fahrgästen oder Effizienzsteigerungen im Betriebsprozess möglich.

Anrufbus (F-Bus)
Icon Maßnahme

Der Anrufbus (F-Bus) verkehrt nach Anmeldung zeitlich und räumlich flexibel in einem Bediengebiet und transportiert Kundinnen und Kunden von der Haustür zum Wunschort.

Anrufbus (R-Bus)
Quelle: Mobilikon 2021
Icon Maßnahme

Der Anrufbus im Richtungsbandbetrieb (R-Bus) verkehrt fahrplangebunden von Haltestelle zu Haltestelle auf einer festen Grundroute mit zusätzlichen Bedarfshaltestellen.

Anrufbus (RF-Bus)
Icon Maßnahme

Der Anrufbus im Flächenbetrieb ohne Haustürbedienung (RF-Bus) verkehrt ohne Fahrplan. Ein- und Ausstieg erfolgen an einer Haltestelle.

Anrufbürgerbus
Icon Maßnahme

Ein Anrufbürgerbus wird ehrenamtlich mit dem Ziel betrieben, das ÖPNV-Angebot zu ergänzen. Als bedarfsgesteuerte Angebotsform verkehrt der Anrufbürgerbus nach vorheriger Anmeldung.

Anruflinienbus
Icon Maßnahme

Bedarfsorientierte Anruflinienbusse verkehren nach Fahrplan auf Linienwegen nach Anmeldung eines Fahrtwunsches. Möglichst viele Fahrgäste sollen gemeinsam befördert und Leerfahrten vermieden werden.

Inklusionstaxi
Quelle: Mobilikon 2021
Icon Maßnahme

Inklusionstaxis ermöglichen durch einen speziellen Umbau die Mitnahme von mobilitätseingeschränkten Personen und fördern so die Mobilität sowie die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben.

Anrufbus: moobil+
Quelle: Mobilikon, 2021
Beispiele aus der Praxis

Anrufbus: moobil+

Icon Beispiele aus der Praxis

moobil+ ist ein innovatives Mobilitätssystem, das Menschen in den Landkreisen Cloppenburg und Vechta mit den buchbaren moobil+Bussen ein nachhaltiges Mobilitätsangebot bietet.

dorfbus Feldatal
Quelle: Wartburgmobil, 2020
Beispiele aus der Praxis

dorfbus Feldatal

Icon Beispiele aus der Praxis

Der dorfbus in Feldatal ersetzte mit einem Kleinbus – bis auf den Schülerverkehr – den gesamten Linienverkehr in der thüringischen Rhön.

Modellvorhaben On-Demand vs. Ortsbus in Neunkirchen-Seelscheid (unterschiedliche ÖPNV-Strategien zur Flächenerschließung im Vergleich)
remo – On-Demand-Verkehr in Rendsburg und Umgebung
Quelle: NAH.SH GmbH
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remo ist ein über die NAH.SHUTTLE-App oder das Telefon sofort buchbares, voll-flexibles Nahverkehrsangebot ohne Linien- und Fahrplanbindung mit bestehenden und virtuellen Haltestellen in Rendsburg und Umgebung.

„Mobilität mitdenken!“ = MOSTA (Mobilität und soziale Teilhabe aufeinander abstimmen)
Der Blaue Land Bus (vormals omobi Ortsbus Murnau)
Quelle: omobi
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Der bedarfsorientierte, digitale On-Demand Rufbus in den Landkreisen Garmisch-Partenkirchen und Weilheim-Schongau kann flexibel per App oder telefonisch nach individuellem Bedarf bestellt werden.

On-Demand-Shuttle in den Landkreisen Stormarn und Harburg
Quelle: Süderelbe AG
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Durch einen bedarfsgerechten On-Demand-Shuttle in ländlichen Räumen der Landkreise Stormarn und Harburg soll der öffentliche Nahverkehr ergänzt und somit die Standortattraktivität gestärkt werden.

ILSE Bus - Der Rufbus
Beispiele aus der Praxis

ILSE Bus - Der Rufbus

Icon Beispiele aus der Praxis

Der ILSE Bus ist ein Rufbus in den Landkreisen Vorpommern-Greifswald und Mecklenburgische Seenplatte, der ohne feste Linie und Fahrplan das lokale Verkehrsangebot ergänzt.

Bürgerrufauto MIT - Mobil im Kleinen Wiesental
Quelle: Gemeinde Kleines Wiesental
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Das Bürgerrufauto in Kleines Wiesental ist ein Mobilitätsangebot mit dem entlegene Ortsteile an den Buslinienverkehr angeschlossen werden und Seniorinnen und Senioren einen Fahrdienst von Tür zu Tür angeboten wird.

ERZmobil in Zwönitz
Quelle: Klaus Jedlicka, Stadt Zwönitz
Beispiele aus der Praxis

ERZmobil in Zwönitz

Icon Beispiele aus der Praxis

Das ERZmobil ist ein On-Demand Linienverkehr nach §44 PBefG. Das entspricht einer Mischung aus digital gemanagtem Rufbus und Anrufsammeltaxi, das seit Ende Januar 2022 in Zwönitz verkehrt und als Lückenschluss zum herkömmlichen ÖPNV fungiert. 

Bürgerbusse im Landkreis Kusel
Quelle: Bürgerbus Oberes Glantal
Beispiele aus der Praxis

Bürgerbusse im Landkreis Kusel

Icon Beispiele aus der Praxis

Im Landkreis Kusel verkehren flächendeckend Bürgerbusse, die für die Bewohnerinnen und Bewohner eine kostenlose Hin- und Rückfahrt von Tür zu Tür anbieten.

Rufbus: AktiVVo Holzwinkel/Roth- und Zusamtal
Quelle: Entwicklungsforum Holzwinkel Altenmünster e.V.
Icon Beispiele aus der Praxis

Der AktiVVo ist ein On-Demand-Angebot im ÖPNV. Mithilfe von zwei Kleinbussen werden flexible Nahverkehrsverbindungen zwischen Gemeinden ermöglicht, die durch den ÖPNV bisher nicht angeboten werden. 

Handbuch zur Planung flexibler Bedienungsformen im ÖPNV
Quelle: berlin-event-foto.de/Peter-Paul Weiler
Icon Instrumente

Das Handbuch des BMVBS gibt eine Einführung in flexible Bedienformen im ÖPNV und bietet Hilfestellungen und Hintergrundinformationen zu den zentralen Aspekten der Einführung in ländlichen Räumen.

Personenbeförderungsgesetz (PBefG)
Quelle: Bildkraftwerk / Laurin Schmid
Icon Instrumente

Die gewerbsmäßige Beförderung von Fahrgästen unterliegt der Genehmigungspflicht. Das PBefG regelt rechtlich zulässige Verkehrsarten und Voraussetzungen unter denen eine Genehmigung erteilt wird.

Festlegung einer Marketing- und Kommunikationsstrategie
Quelle: Fotodelux / Getty Images
Icon Hilfen zur Umsetzung

Eine Marketing- und Kommunikationsstrategie kann dazu beitragen, ein positives Umfeld für die Einführung der jeweiligen Maßnahme zu schaffen und beeinflusst langfristig die Wahrnehmung der Maßnahme.

Social-Media-Kanal
Quelle: Fotograzia / Getty Images
Hilfen zur Umsetzung

Social-Media-Kanal

Icon Hilfen zur Umsetzung

Mit einem Social-Media-Kanal kann ein Mobilitätsanbieter schnell und persönlich angepasste Werbebotschaften verbreiten und so seinen Bekanntheitsgrad steigern.

Mit On-Demand-Angeboten ÖPNV-Bedarfsverkehre modernisieren
November 2001:

Auftaktworkshop

Dezember 2003:

Einführung des MultiBus zum Fahrplanwechsel 2003/2004

Dezember 2009:

Modifikation am MultiBus (z. B. Haustür-zu-Haustür-Bedienung) zum Fahrplanwechsel 2009/2010

2020:

Fortlaufender Betrieb des MultiBus

Deutsche Bundesstiftung Umwelt, 2011: Umwelt- und familienfreundliche Mobilität im ländlichen Raum. Osnabrück.

WestVerkehr (Hrsg.), Dezember 2022: MultiBus Kreis Heinsberg, Informationsflyer, Geilenkirchen, Zugriff: https://www.west-verkehr.de/images/ihrbus/west_MULTIBUS_web.pdf [abgerufen am am 27.11.2023].

WestVerkehr (Hrsg.), 24.09.2021: Multibus – Bei Anruf Bus. Zugriff: https://www.west-verkehr.de, Ihr Bus, Multibus [abgerufen am 27.11.2023].

Ähnliche Beispiele aus der Praxis

Quelle: Mobilikon, 2021

Anrufbus: moobil+

moobil+ ist ein innovatives Mobilitätssystem, das Menschen in den Landkreisen Cloppenburg und Vechta mit den buchbaren moobil+Bussen ein nachhaltiges Mobilitätsangebot bietet.