Autonomer Kleinbus Bad Birnbach

Was ist der autonome Kleinbus Bad Birnbach?

Seit 2017 verkehrt im Kurort Bad Birnbach der erste autonom fahrende Kleinbus Deutschlands im öffentlichen Straßenverkehr. Seither gibt es einen Linienbetrieb im Halbstundentakt, der täglich von 08:00 Uhr bis 18:00 Uhr alle ankommenden Züge erreicht und die Passagiere so zum Zug, bzw. in die Therme oder den Ort bringt. Seit 2022 ergänzen 20 virtuelle Bedarfshaltestellen den Linienbetrieb. Alle Fahrten können sieben Tage in Voraus und bis zu drei Minuten vor Fahrtbeginn per App oder telefonisch gebucht werden. Bis auf Weiteres sind die Fahrten für Nutzerinnen und Nutzer kostenlos (Stand: Januar 2024).

Das Fahrzeug wiegt 2 Tonnen, ist mit ausfahrbarer Rampe, WLAN, Laser-Sensoren, Kameras sowie GPS ausgestattet und umfasst sechs Sitzplätze. Er fährt bis zu 17 km/h und legt die rund zwei Kilometer lange Gesamtstrecke in ca. 18 Minuten zurück. Der Kleinbus folgt automatisiert einer vorgegebenen Route (vergleichbar mit virtuellen Schienen). Weil die optische Erkennung von Schildern und Ampeln fehleranfällig ist, greift das Shuttle auf eine digitale Karte zurück, in der alle Informationen zur Straßenführung hinterlegt sind. Es befindet sich ein Fahrtbegleiter oder eine Fahrtbegleiterin an Bord, um bei Bedarf eingreifen zu können, z. B. um Hindernisse wie parkende Autos manuell zu umfahren. Aus Sicherheitsgründen fährt der Bus nicht bei extremen Wetterbedingungen. Bei Wartungsarbeiten wird ein Ersatzfahrzeug verwendet, um Ausfälle zu vermeiden.

Seit Betriebsbeginn wurden mehr als 95.000 Fahrgäste befördert und dabei mehr als 88.000 Kilometer im autonomen Fahrbetrieb zurückgelegt (Stand: Februar 2024). Das Projekt HEAL (Hochautomatisiert-gEsellschaftlich-nAchfrageorientiert-Ländlich) baut auf dem autonomen Linienverkehr auf und ergänzt diesen durch 20 Bedarfshaltestellen mit Fokus auf die Verbesserung der gesundheitlichen Versorgungssituation vor Ort.

Welche Ziele werden mit dem autonomen Kleinbus Bad Birnbach verfolgt?

Vor Ort wird durch die autonome Verbindung zwischen Bahnhof und Ortskern das Problem der letzten Meile gelöst und eine wichtige Lücke im ÖPNV der Gemeinde geschlossen. Durch die Erweiterung im Rahmen des HEAL-Projekts sollen mithilfe des autonomen Fahrens die gesellschaftliche Teilhabe und die gesundheitliche Versorgungssituation verbessert werden. Der Fokus liegt hier insbesondere auf in ihrer Mobilität eingeschränkten Personen. Geschaffen wird ein ländliches, flexibles, klimaschonendes, öffentliches Mobilitätsangebot nach Bedarf.

Die beteiligten Parteien haben außerdem das Ziel, durch die Modellprojekte Erfahrungen rund um autonomes Fahren und die Nutzerakzeptanz neuer Mobilitätsformen zu sammeln.

Wie erfolgte die konkrete Umsetzung?

Die Umsetzung des Linienbetriebs erfolgte in Zusammenarbeit zwischen dem Landkreis Rottal-Inn (Federführung) mit der Deutschen Bahn und der Marktgemeinde Bad Birnbach. Weitere Projektpartner waren der französische Fahrzeugentwickler EasyMile und der TÜV Süd.

Die Verantwortlichen des Landkreises waren mehrere Monate mit den Entwicklern und Entwicklerinnen der Deutschen Bahn, des Regionalbus Ostbayern und dem Fahrzeugentwickler in Kontakt. Bad Birnbach wurde im Zuge des Prozesses als idealer Ort für den Testbetrieb ausgewählt und in die Konzeption einbezogen. Bevor der autonome Bus auf die Straße gebracht wurde, wurde das Fahrzeug auf einem Firmengelände in Leipzig ausgiebig getestet.

Betreiber der autonomen Busse ist die Regionalbus Ostbayern GmbH, eine Tochtergesellschaft der Deutsche Bahn AG. 

Die Einführung des Linienbetriebs wurde durch ein Forschungsnetzwerk aus dem Bereich für Innovative Verkehrskonzepte von DBRegio Bus, der Universität Würzburg, der Technischen Hochschule Deggendorf (THD) und mehreren Instituten der Technischen Hochschule Ingolstadt (THI) wissenschaftlich begleitet und auf verkehrsplanerische, gesellschaftliche und technische Aspekte des autonomen Busverkehrs untersucht.

HEAL
Am Projekt HEAL sind neben der Regionalbus Ostbayern GmbH das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), das Institut für Verkehrssystemtechnik als Projektträger sowie der Markt Bad Birnbach und der Landkreis Rottal-Inn beteiligt. Auch ein Studienteam des Lehrstuhls für Public Health und Versorgungsforschung (IBE) der Ludwig-Maximilians-Universität München, „EasyMile" als Fahrzeughersteller, der TÜV SÜD sowie die ioki GmbH unterstützen als Dienstleister beim Projekt.

Das Projekt ist gefördert durch das Bundesministerium für Digitales und Verkehr.

Die Implementierung eines autonomen Fahrbetriebs birgt besondere Sicherheitsherausforderungen. Um einen zuverlässigen Betrieb sicherzustellen, wurden an der Strecke folgende Veränderungen durchgeführt:

  • Errichtung einer temporären Geschwindigkeitsbegrenzung, welche aktiv wird, sobald der Shuttle auf die Landstraße fährt. Dazu wurden eine Kennzeichenerkennung und digitale Hinweistafeln installiert, die eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 km/h anzeigen, sobald das Fahrzeug identifiziert wurde.
  • Fahrbahnverbreiterung auf zwei Streckenabschnitten und Anbringen eines Mittelstreifens.
  • Anbringen von Hinweisschildern, um auf den autonomen Kleinbus aufmerksam zu machen.
  • Einrichtung von drei Rüttelschwellen, um die Geschwindigkeit des Umgebungsverkehrs zu drosseln.
Einsatz autonomer Fahrzeuge im ÖPNV
Quelle: Christian Ouellet / Getty Images
Icon Maßnahme

Autonome Fahrzeuge besitzen ein großes Potenzial für die Mobilität in ländlichen Räumen und können zukünftig eine wichtige Rolle in der Mobilität spielen.

Autonome Fahrzeuge im ÖPNV: Modellregion Ostprignitz-Ruppin
FLASH: FahrerLoses Automatisiertes SHuttle im Landkreis Nordsachsen
Nachfragegesteuerter-Autonom-Fahrender Bus Sylt
Icon Beispiele aus der Praxis

In Schleswig-Holstein kooperierten Wissenschaft und Praxis für die Konzipierung eines „ÖPNV-on-Demand“-Konzepts auf Basis autonomer, elektrisch angetriebener Kleinbusse.

Projekt Hub Chain
Quelle: Stadtwerke Osnabrück
Beispiele aus der Praxis

Projekt Hub Chain

Icon Beispiele aus der Praxis

Im Projekt Hub Chain wurde eine Mobilitätsplattform zur Vernetzung von (autonomen) On-Demand-Angeboten mit dem ÖPNV-Linienverkehr erprobt.

Chancen und Risiken des autonomen und vernetzten Fahrens aus der Sicht der Verkehrsplanung
Oktober 2017:

Die erste autonom verkehrende Buslinie Deutschlands im öffentlichen Straßenverkehr verkehrt mit einem autonomen Bus in Birnbach

August 2018:

Erweiterung der Strecke von 660 Metern auf 1.330 Meter

Oktober 2019:

Die autonome Linie verbindet den Bahnhof mit dem Ortskern (Streckenlänge rund zwei Kilometer)

November 2021:

Start der Datenerhebung zum HEAL-Projekt

Mai 2022:

Ergänzung des Linienverkehrs durch Bedarfshaltestellen

Bad Birnbach, o. J.: HEAL. Zugriff: https://www.badbirnbach.de, Das ist HEAL [abgerufen am 20.11.2024].

DB Regio Bus Bayern, o. J.: Autonom und nach Bedarf fahren in Bad Birnbach. Zugriff: https://www.dbregiobus-bayern.de, Angebot, Autonomes Fahren, Autonom und nach Bedarf fahren in Bad Birnbach [abgerufen am 20.11.2024].

Deutsche Bahn, 26.06.2019: Wie kommt der autonome Kleinbus in Bad Birnbach an? Forschungsnetzwerk stellt Ergebnisse vor. Zugriff: https://www.deutschebahn.com, Regionalbüro München, Regionale Presseinformationen, Juni 2019 [abgerufen am 10.11.2022].

Deutsche Bahn, o. J.: Autonome Mobilität. Zugriff: https://www1.deutschebahn.com/mobilitaetsmanagement, Autonome Mobilität [abgerufen am 20.11.2024].

Deutsche Vernetzungsstelle Ländliche Räume (dvs), o. J.: Autonomer Kleinbus Bad Birnbach. Zugriff: https://www.netzwerk-laendlicher-raum.de, Service, Unsere Projektsammlungen, Projekte der ländlichen Entwicklung, Suche [abgerufen am 20.11.2024].

HEAL, o. J.: HEAL. Wissenschaftliche Begleitforschung. Zugriff: https://heal-badbirnbach.de [abgerufen am 20.11.2024].

Viktor Gröll, o. J.: Autonomer Kleinbus. Zugriff: https://www.badbirnbach.de, Erleben, Geschichten aus Bad Birnbach, Autonomer Kleinbus [abgerufen am 20.11.2024].

Dieses Video ist über den YouTube-Kanal von Mobilikon eingebunden. Wenn Sie dieses Video hier abspielen, erfolgt eine Datenübertragung an YouTube bzw. Google. Weitere Hinweise hierzu entnehmen Sie bitte unserer Datenschutzerklärung.

Ähnliche Beispiele aus der Praxis

Quelle: Landratsamt Bamberg, Markus Hammrich

Mobilstationen im Landkreis Bamberg

Der Landkreis Bamberg realisiert mit seinen 36 kreisangehörigen Gemeinden und Städten auf Basis einer kreisweit abgestimmten Konzeption Mobilstationen.

Quelle: Entwicklungsforum Holzwinkel Altenmünster e.V.

Rufbus: AktiVVo Holzwinkel/Roth- und Zusamtal

Der AktiVVo ist ein On-Demand-Angebot im ÖPNV. Mithilfe von zwei Kleinbussen werden flexible Nahverkehrsverbindungen zwischen Gemeinden ermöglicht, die durch den ÖPNV bisher nicht angeboten werden. 

Quelle: Björn Hake

AZWEIO – eine interkommunale Gesellschaft

Die Stadt Achim, Flecken Ottersberg und die Gemeinde Oyten haben sich zu der Gesellschaft AZWEIO zusammengeschlossen, die ein regionales Verkehrskonzept und die Umsetzung innovativer Verkehrslösungen verfolgt.