Direkt zum Inhalt

On-Demand-Ride-Pooling-System im Landkreis Oder-Spree: DALLI

Ein Kleinbus mit der Aufschrift DALLI
Quelle: MWM-Solutions GmbH

Ausgezeichnet im Rahmen des Wettbewerbes „Arbeitswege gestalten. Mobil in ländlichen Räumen“ (2025) des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR)

Was ist der DALLI?

DALLI ist ein digitales On-Demand-Ride-Pooling-System im Landkreis Oder-Spree, das als strategische Antwort auf die steigenden Mobilitätsbedürfnisse im ländlichen Raum entwickelt wurde. Mithilfe einer intelligenten Software werden individuelle Fahrtwünsche flexibel gebündelt, sodass Fahrten effizient geplant und Fahrzeuge optimal ausgelastet werden können. Dadurch entstehen neue ÖPNV-Verbindungen, insbesondere auch zu dezentral gelegenen Betrieben. DALLI verbessert so gezielt die Erreichbarkeit von Arbeitsplätzen und unterstützt Unternehmen bei der Sicherung ihrer Fachkräfte – ein entscheidender Beitrag zur Mobilitätswende im ländlichen Raum.

Welche Ziele werden mit dem DALLI verfolgt?

Mit dem Projekt DALLI – Dein Brandenbus verfolgt der Landkreis Oder-Spree das Ziel, die Mobilität im ländlichen Raum weiterzuentwickeln – insbesondere im Hinblick auf die Anforderungen der betrieblichen Mobilität. Als öffentliche Institution agiert der Landkreis dabei nicht nur in seiner Rolle als Planungs- und Genehmigungsbehörde, sondern sieht sich in der Verantwortung, für alle Beschäftigten und Unternehmen im Landkreis Rahmenbedingungen zu schaffen, die moderne, verlässliche und nachhaltige Arbeitswege ermöglichen.

Klassische Linienverkehre stoßen in der Fläche oft an ihre Grenzen – geringe Taktung, lange Wege zur Haltestelle und fehlende Verbindungen außerhalb der Hauptzeiten erschweren die Erreichbarkeit vieler Arbeitsorte. DALLI begegnet diesen Herausforderungen mit einem flexiblen, digitalen On-Demand-Ansatz, der die tatsächlichen Mobilitätsbedarfe in der Region aufgreift.

Zentrale Ziele im Kontext der betrieblichen Mobilität sind:

  • Erleichterung des Arbeitsweges für alle Beschäftigten: DALLI verbessert die Anbindung von Wohnorten an zentrale Arbeitsstätten – ob Gewerbestandort, Pflegeeinrichtung, Handwerksbetrieb oder Büro.
  • Einbindung wirtschaftlicher Standorte: Auch kleine und abgelegene Unternehmensstandorte oder Gewerbegebiete ohne Linienanschluss werden bedarfsgerecht erschlossen.
  • Attraktivität für Pendelnde erhöhen: Die Verknüpfung mit dem Regionalverkehr schafft durchgehende Reiseketten – planbar, digital buchbar oder per Telefon.
  • Unterstützung für Schicht-, Teilzeit- und Saisonarbeit: DALLI fährt auch außerhalb üblicher Taktzeiten und bietet so verlässliche Mobilität für vielfältige Arbeitszeitmodelle.
  • Beitrag zur Standortattraktivität: Unternehmen profitieren indirekt, indem neue Beschäftigte ohne Pkw mobil bleiben können – ein Faktor für Fachkräftesicherung im ländlichen Raum.

Darüber hinaus leistet DALLI einen Beitrag zur Verkehrs- und Klimawende: Durch den Einsatz elektrischer Fahrzeuge, digitale Pooling-Logik und die Vermeidung von Leerfahrten wird der Ressourcenverbrauch gesenkt. 

Im Idealfall entsteht ein skalierbares Modell, das nicht nur für den Landkreis Oder-Spree, sondern auch für andere Regionen mit ähnlichen Herausforderungen übertragbar ist.

Wie erfolgte die konkrete Umsetzung?

Die Umsetzung des DALLI erfolgte in mehreren Phasen – von der konzeptionellen Planung über die technische Implementierung bis hin zum Betriebsstart in einem Pilotgebiet. Ausgangspunkt war eine Analyse der bestehenden Mobilitätsbedarfe im Landkreis, bei der insbesondere Schwachstellen im Linienverkehr, demografische Entwicklungen und Versorgungsengpässe berücksichtigt wurden. Auf dieser Basis wurde ein Konzept für ein digitales, bedarfsgesteuertes Angebot entwickelt.

In einem ersten Schritt wurde ein Pilotbetrieb in ausgewählten Gemeinden des Landkreises eingerichtet. Ziel war es, Erfahrungen mit Fahrgastverhalten, Buchungsprozessen, Fahrzeugdisposition und Schnittstellen zum bestehenden Linienverkehr zu sammeln. Parallel dazu erfolgte die technische Integration eines On-Demand-Systems inklusive Buchungsplattform, Routing-Software und Echtzeitdatenschnittstellen.

Ein wichtiger Erfolgsfaktor war die enge Zusammenarbeit mit den lokalen Akteuren – darunter kommunale Verwaltungen, Nahverkehrsgesellschaften, Mobilitätsdienstleister und nicht zuletzt die Bürgerinnen und Bürger selbst. Über Informationsveranstaltungen, Befragungen und Rückmeldeschleifen konnten frühzeitig praxisnahe Anforderungen berücksichtigt werden.

Auf Basis der gewonnenen Erkenntnisse wurde das System weiterentwickelt, professionalisiert und auf zusätzliche Gemeinden ausgeweitet. 

Mit Blick auf die geplante Integration des Warentransports wurde frühzeitig der Austausch mit Logistikdienstleistern, lokalen Händlern und kommunalen Trägern gesucht. Ziel ist es, logistische Bedarfe – etwa Medikamentenlieferungen, Gemeindepost oder lokale Paketlogistik – in das System einzubetten, ohne neue Verkehrsstrukturen aufzubauen.

Der Ausbau auf den gesamten Landkreis ist derzeit in Vorbereitung. Dabei werden sowohl technische Kapazitäten (z. B. Fahrzeugflotte, IT-Plattform) als auch rechtliche und organisatorische Fragen (Genehmigungen, Betriebsträgerschaft, Finanzierung) weiterentwickelt. Die Skalierung erfolgt schrittweise und orientiert sich an konkreten Bedarfen, Erfolgskennzahlen und Rückmeldungen aus der Praxis.

Während der Umsetzung des Projekts DALLI zeigten sich mehrere Herausforderungen, die speziell die betriebliche Mobilität im ländlichen Raum betrafen. Ziel des Projekts war es, Arbeitswege für Beschäftigte unterschiedlichster Branchen zu verbessern – von Pflegekräften über Produktionsmitarbeitende bis hin zu Angestellten in kleineren Handwerksbetrieben. Gerade diese Vielfalt stellte besondere Anforderungen an das System.

Eine zentrale Herausforderung bestand darin, die sehr unterschiedlichen Zeitprofile und Mobilitätsbedarfe betrieblicher Nutzergruppen in das Fahrtenangebot zu integrieren. Frühschichten, Spätdienste, Wochenendarbeit oder saisonale Beschäftigung in Bereichen wie Pflege, Gastronomie, Landwirtschaft oder Tourismus erfordern ein hohes Maß an zeitlicher Flexibilität – deutlich über das hinaus, was klassische Linienverkehre leisten können. Der DALLI begegnet diesem Bedarf mit ausgedehnten Betriebszeiten: montags bis mittwochs steht das Angebot täglich von 06:00 bis 22:00 Uhr zur Verfügung, donnerstags bis samstags sogar bis 00:30 Uhr des Folgetags. Auch an Sonn- und Feiertagen ist DALLI ganztägig im Einsatz. Gerade in den Abendstunden, in denen der klassische ÖPNV häufig nur noch sehr eingeschränkt fährt oder ganz eingestellt ist, kann der DALLI so betriebliche Mobilität absichern.

Auch das Buchungsverhalten stellte eine Herausforderung dar: Während viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer digitale Lösungen nutzen können, besteht insbesondere bei älteren oder fremdsprachigen Beschäftigten noch Beratungs- und Unterstützungsbedarf. Die Einrichtung eines persönlichen Telefonsupports und einer lokal zugänglichen Infozentrale erwies sich daher als wichtiger Erfolgsfaktor für die betriebliche Nutzung.

Ein weiteres Problemfeld war die Erwartungshaltung hinsichtlich der Zuverlässigkeit: Beschäftigte müssen pünktlich an ihrer Arbeitsstelle erscheinen – Ausfälle oder Verspätungen führen schnell zu Frustration bei Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern wie Arbeitgebern. Hier zeigte sich, dass eine zu hohe Auslastung in den Morgenstunden – insbesondere durch Schülerfahrten – das System teilweise an seine Kapazitätsgrenzen brachte. Obwohl für diese Zielgruppe der klassische Schülerverkehr bereitsteht, nutzen viele Schülerinnen und Schüler ergänzend den DALLI. Dadurch standen Fahrten zur betrieblichen Nutzung mitunter nicht in ausreichendem Umfang zur Verfügung. Der Landkreis erwägt daher eine moderate Erhöhung des Eigenanteils auf 2 bis 3 Euro je Fahrt zu bestimmten Tageszeiten. Ziel ist es, die Nutzung gezielter auf tatsächlich betriebliche Bedarfe auszurichten und zugleich weniger prioritäre Fahrten, wie etwa Schülerfahrten, stärker auf den Linienverkehr zurückzuführen.

Schließlich kam es auch zu Konflikten mit bestehenden Marktteilnehmern – etwa Taxiunternehmen, die in DALLI eine Konkurrenz sahen. Diese Spannungen wirkten sich insbesondere dort aus, wo Taxifahrten bisher für betriebliche Zwecke wie die Mitarbeitermobilität genutzt wurden. Der Landkreis setzte auf Dialog und Transparenz, um zukünftige Kooperationsmodelle – z. B. die Einbindung in Ausschreibungen – zu entwickeln.

Ridepooling
Quelle: Peter Berglund / Getty Images
Maßnahme

Ridepooling

Icon Maßnahme

Ridepooling ist die kommerzielle Bündelung und Beförderung von Personen mit ähnlichem Fahrtziel zu einer gemeinsamen Fahrt. Auslastung und Kosteneffizienz werden so verbessert.

On-Demand-Verkehr MiKE im Kreis Euskirchen
Quelle: Regionalverkehr Köln GmbH (RVK)
Icon Praxisbeispiele

MIKE steht für „Mobil im Kreis Euskirchen“ und ergänzt komfortabel die Mobilität innerhalb des Kreises. Das Mobilitätsangebot verkehrt auf Bestellung auf 36 festen Linien im Kreis Euskirchen. 

On-Demand-Shuttle in den Landkreisen Stormarn und Harburg
Quelle: Süderelbe AG
Icon Praxisbeispiele

Durch einen bedarfsgerechten On-Demand-Shuttle in ländlichen Räumen der Landkreise Stormarn und Harburg soll der öffentliche Nahverkehr ergänzt und somit die Standortattraktivität gestärkt werden.

Ridepooling: EcoBus
Quelle: MPIDS/Keppel
Praxisbeispiele

Ridepooling: EcoBus

Icon Praxisbeispiele

EcoBus ist eine Software zum Betrieb bedarfsgesteuerter Kleinbusflotten. Mit ihrer Hilfe werden Fahrtwünsche zu optimalen Routen bzw. Wegeketten verknüpft und mit bestehenden Liniensystemen kombiniert.

Bedarfsanalyse
Umsetzungshilfen

Bedarfsanalyse

Icon Umsetzungshilfen

Die Bedarfsanalyse untersucht die Mobilitätsbedürfnisse einer Zielgruppe und bildet die Grundlage für die Entwicklung passender Mobilitätsangebote.

Bevölkerungsprognose
Quelle: berlin-event-foto.de/Peter-Paul Weiler
Umsetzungshilfen

Bevölkerungsprognose

Icon Umsetzungshilfen

Bevölkerungsprognosen bilden eine wichtige Grundlage für die Ermittlung des zukünftigen Mobilitätsbedarfes und der Entwicklung geeigneter Maßnahmen.

Bürgerbefragung
Quelle: SDI Productions / Getty Images
Umsetzungshilfen

Bürgerbefragung

Icon Umsetzungshilfen

Mit einer Bürgerinnen- und Bürgerbefragung können Verhaltensweisen, Meinungen und Bedürfnisse der Menschen zur Mobilität erhoben und so in der Entscheidungsfindung berücksichtigt werden.

Handbuch zur Planung flexibler Bedienungsformen im ÖPNV

Landkreis Oderland-Spree, 2025.

Ähnliche Praxisbeispiele

Quelle: Martin Leclaire/EWF

Anrufsammeltaxi Waldeck-Frankenberg

Das Anrufsammeltaxi im hessischen Landkreis Waldeck-Frankenberg ist ein bedarfsorientiertes Mobilitätsangebot, das den öffentlichen Nahverkehr mit Bus und Bahn in der ländlichen Region ergänzt.