Was ist das Modellprojekt Land.Jugend.Mobil – Jugendbeteiligung in Wilhelmsfeld?
In diesem Projekt in Wilhelmsfeld im Rhein-Neckar-Kreis (3.200 Einwohnerinnen und Einwohner) wurden Jugendliche an der Ideenentwicklung zur Mobilitätsverbesserung beteiligt. Gemeinsam wurden Daten erhoben, Vorschläge entwickelt, für die Ideen geworben und diese umgesetzt.
Mittels kultureller Bildungsmodule wurden die Jugendlichen zur Teilhabe animiert. Bei der Entwicklung der Ideen wurden den Jugendlichen bewusst keine Grenzen gesetzt. Neben der Verbesserung der Mobilität sollten Jugendliche durch ihr Engagement erfahren, wie sie sich als Bürgerin bzw. Bürger einbringen (Lernort Demokratie) und Veränderungen anstoßen können.
Welche Ziele wurden mit dem Modellprojekt Land.Jugend.Mobil – Jugendbeteiligung in Wilhelmsfeld verfolgt?
Jugendliche befinden sich in einer Lebensphase, in der sie selbstständig werden und neue soziale Räume erschließen wollen. Gerade Jugendlichen sollte daher ermöglicht werden, selbstständig mobil zu sein.
Mit dem Projekt sollte außerdem die Identifikation von Jugendlichen mit dem Ort verbessert werden, um Abwanderung zu verhindern. Das Projekt hatte darüber hinaus einen Fokus auf Klimaschutz und das Hinterfragen der Dominanz privater Pkws. Besonders in den Blick genommen wurde der Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV), da Jugendliche in der hügeligen Topografie von Wilhelmsfeld (Odenwald) auf diesen angewiesen sind.
Ziel des Projektträgers ist es, (auch über das konkrete Projekt hinaus) bei Nahverkehrs-Verantwortlichen und Jugendhilfeplanung ein Bewusstsein für den Einbezug von Jugendlichen zu schaffen, um deren Teilhabe zu gewährleisten.
Wie erfolgte die konkrete Umsetzung?
Zu Beginn des Projekts im Frühjahr 2020 wurden während mehrerer Treffen der Projektgruppe aus Wilhelmsfelder Jugendlichen Ideen zur Verbesserung der Mobilität vor Ort entwickelt. Bedingt durch die Einschränkungen der COVID-19-Pandemie fand die Arbeit vor allem online statt. Die Ideen wurden im Anschluss verschriftlicht sowie mit einem Verkehrsingenieur diskutiert und konkretisiert.
Auf Grundlage des Ideenpapiers fanden mehrere Diskussionsrunden zwischen der Jugendgruppe und Politikerinnen wie Politikern aus der Kreis- und Landespolitik, dem Bürgermeister und dem Gemeinderat von Wilhelmsfeld statt. Diese befürworteten grundsätzlich die Ideen der Jugendlichen und würdigten deren freiwilliges Engagement. Die Projektträger beobachteten Schwierigkeiten bei der Festlegung konkreter Zuständigkeiten, die sie der Struktur des zuschrieben.
Durch das fortgeführte Engagement der Jugendlichen konnten zum Ende der Laufzeit einige Punkte aus ihrem Modellprojekt umgesetzt werden, wie z. B. Fahrradboxen für das sichere Verwahren von E-Bikes an Bushaltestellen zur Optimierung der letzten Meile, sowie die Einführung eines Schnellbusses am Wochenende.
Die Projektgruppe interagierte während des Modellprojektes mit der Öffentlichkeit: Sie entwickelte einen Film („Wilhelmsfeld wie wir es sehen“), in Wilhelmsfeld aufgehängte Plakate mit ihren Forderungen und einen Online-Fragebogen, um mit der Bevölkerung in Kontakt zu kommen. Leider erzielte die Umfrage wenig Resonanz, trotz mehrmaligem Veröffentlichen im Amtsblatt.
Im Anschluss an das Modellprojekt bewegt sich in Wilhelmsfeld und den umliegenden Gemeinden viel auf Grundlage des Beteiligungsprozesses und einer Datenanalyse (durchgeführt von ioki in der Schlussphase des Projekts). Die Bürgermeister von Wilhelmsfeld und den benachbarten Orten treffen sich regelmäßig und loten die Umsetzung eines On-Demand-Systems und dessen Finanzierung aus (Stand: Juni 2023). Auch die Projektträger arbeiten weiter am Thema und werden wiederholt angefragt, um über das Projekt zu berichten.
Allgemein sind die Jugendlichen und die Projektträger mit dem Verlauf des Projekts zufrieden. Ihnen ist es gelungen, auf Schwachstellen im ÖPNV hinzuweisen und mögliche Lösungsvorschläge zu erarbeiten. Zudem konnten einige Punkte aus dem eigens erstellten Mobilitätskonzept der Jugendlichen für ihren Ort Wilhelmsfeld umgesetzt werden, was gerade bei den Jugendlichen als Erfolgserlebnis gewertet wurde.
Das Projekt wurde gefördert durch die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) aus Mitteln des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) im "Bundesprogramm Ländliche Entwicklung" im Rahmen des Modell- und Demonstrationsvorhabens „LandMobil - unterwegs in ländlichen Räumen".
Viele der Ämter waren während der COVID-19-Pandemie schwer zu erreichen. Ein Treffen zwischen den Jugendlichen und der Stadt Heidelberg (einige Ideen der Jugendlichen betrafen diese als Verbund) konnte bis zum Ende des Projektes im November 2022 nicht stattfinden.
Eine weitere Herausforderung stellte sich bezogen auf die projektbeteiligten Jugendlichen dar. Solche Projekte leben von der Beteiligung und Bereitschaft der Jugendlichen, über einen längeren Zeitraum an diesen teilhaben zu wollen. Um die Bereitschaft der Jugendlichen hochzuhalten, sollte mit den klassischen Methoden der Jugendarbeit gearbeitet werden. So erhalten die Jugendlichen das Gefühl, gehört und gesehen zu werden und entwickeln im besten Fall eine Verbindung zu dem Projekt, welches sie dann mit Freude in ihrer Freizeit unterstützen und auch gerne am Prozess teilhaben möchten.
Abschlussfilm des Projekts [abgerufen am 06.05.2024].
Kurzfilm des BMEL zum Projekt [abgerufen am 06.05.2024].
Übergreifende Projektseite des Modellprojekts [abgerufen am 06.05.2024].
Boguslawski, Silas; Braun, Moritz; Fahldiek, Mattis; Gottfried, Marcel; König, Maxim; König, Vanessa; Lenz, Marlene; Lenz, Pauline; Simeth, Jessica (2021): Jugendliche Mobilität im ländlichen Raum. Eine Streitschrift für Jugendbeteiligung im Öffentlichen Personenverkehr. Berlin.
Lenz, Stefan; Simeth, Jessica, 2023: Jugendliche gestalten den ÖPNV. Berlin.