Direkt zum Inhalt

Lotti – Bedarfsgesteuertes ÖPNV-Angebot in Schwabach

Was ist Lotti?

Der On-Demand-Verkehr „Lotti“ ist ein bedarfsgesteuertes ÖPNV-Angebot, das flexibel und ohne Fahrplanbindung das gesamte Stadtgebiet von Schwabach sowie ausgewählte umliegende Ortsteile bedient. Lotti verkehrt täglich zu den Randzeiten des ÖPNV zwischen 20 Uhr und 24 Uhr. Es kann genutzt werden, wenn für die Fahrtzeit kein Linienbus in die gewünschte Fahrtrichtung fährt. Zusätzlich zu den regulären ÖPNV-Haltestellen bedient Lotti weitere 50 virtuelle Haltestellen, die bei der Buchung digital eingesehen werden können und im Straßenraum durch Markierungen gekennzeichnet sind.

Die Buchung des Fahrtwunsches erfolgt über die bestehende App des Verkehrsverbundes Großraum Nürnberg (VGN). Bei spontanen Fahrtwünschen werden die aktuellen Wartezeiten in der VGN-App angezeigt. Der On-Demand-Verkehr kann ebenso per Telefon bestellt werden. Für Fahrten mit Lotti gilt der reguläre ÖPNV-Tarif zuzüglich eines Komfortzuschlages von 2,50 Euro pro Fahrt, der direkt im Fahrzeug bezahlt wird. Für den On-Demand-Verkehr kommen zwei vollelektrische Großraumtaxen für jeweils bis zu sechs Personen zum Einsatz. Hilfsmittel wie ein Rollator können im Fahrzeug mitgenommen werden.

Welche Ziele werden mit Lotti verfolgt?

Der On-Demand-Verkehr hat zum Ziel, abends ein ÖPNV-Angebot bereitzustellen und gleichzeitig schwach ausgelastete Linienbusse zu ersetzen. Mit Lotti können die Angebotszeiten des ÖPNV in Schwabach verlängert und Angebotslücken geschlossen werden. Zusätzlich vergrößert sich das Bedienungsgebiet durch die Integration von virtuellen Haltestellen im Stadtgebiet, wodurch Wohngebiete und Bereiche der Naherholung besser an den ÖPNV angebunden sind. Ein Umstieg von Lotti auf die S- und Regionalbahn ist möglich. In den Blick werden auch Spätpendlerinnen und Spätpendler genommen, für die es bis dahin kein Angebot gab. 

Wie erfolgte die konkrete Umsetzung?

Der Bedarf für einen On-Demand-Verkehr wurde im Zuge der Aufstellung des Mobilitätsplans Schwabach 2040 erkannt und im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung von den Bürgerinnen und Bürgern bestätigt. Daraufhin wurde Lotti noch vor der Fertigstellung des Mobilitätsplans als Leuchtturmprojekt beschlossen. Vor der offiziellen Einführung des On-Demand-Verkehrs erfolgte im Januar 2024 eine vierwöchige Testphase mit 800 Fahrgästen, um u. a. die Software zur Fahrtenplanung zu testen. 

Ein Jahr nach dem Projektstart wurden die Fahrtzeiten von Lotti am Wochenende geändert. Aufgrund der hohen Nachfrage an Sonntagen wurde der reguläre Linienbusbetrieb tagsüber wieder eingeführt und nur noch abends durch Lotti ergänzt. Bei beschränkten Kapazitäten wurde das Angebot zeitlich reduziert. Bei der Umsetzung von Lotti wurde darauf geachtet, digitale, finanzielle und physische Barrieren zu reduzieren. Um den On-Demand-Verkehr für möglichst viele Fahrgäste attraktiv zu gestalten, wurden anfangs barrierefreie Fahrzeuge gewählt, Lotti in die bestehende App des Verkehrsverbundes integriert und ein Jahr lang (projektfinanziert) kein Komfortzuschlag erhoben.

Finanzierung

Bei Projektbeginn wurde beschlossen, das Pilotprojekt mit oder ohne Förderung umzusetzen. Zu Beginn des Projektes wurde der On-Demand-Verkehr durch das Bundesverkehrsministerium (BMV) im Rahmen des Förderprogramms Digitalisierung kommunaler Verkehrssysteme gefördert, sodass das Angebot ohne Zusatzkosten mit den regulären ÖPNV-Tickets genutzt werden konnte. Mit dem Ablauf der Förderung im Juni 2025 wurde ein Komfortzuschlag eingeführt, um das Angebot durch die Nutzerinnen und Nutzer zu finanzieren. Der Aufpreis von 2,50 Euro pro Fahrt hat ebenfalls einen steuernden Effekt zur Vermeidung von Kurzstreckenfahrten in der Innenstadt. Die Kombination von Bus- und On-Demand-Diensten im Dienstplan senkt die Personalkosten für den Anbieter. 

Der Anbieter merkt an, dass der On-Demand-Betrieb zwar nicht kostendeckend sei, ein konventioneller Busverkehr allerdings ebenfalls bei Weitem nicht. Bei der Kommunikation wurde auf Transprenz geachtet, welche Mehrkosten die Fortsetzung des Busbetriebs in den Abendstunden bedeutet hätte. Weitere Fördermöglichkeiten wurden im Projektverlauf geprüft. 

Technische Schwierigkeiten 

Die Systemarchitektur der Software der Stadtwerke birgt die größte Herausforderung. Denn diese leitet die Buchung aus der Fahrplanauskunft ab, sodass eine optimale Fahrzeugauslastung nicht vorgesehen ist. 

Vor dem Einstieg in das Projekt wurden praxistaugliche Software-Lösungen für die Branche erwartet, allerdings kam es zu kleineren Anlaufschwierigkeiten, wie Problemen beim Buchungssystem in der App. Diese konnten in der Testphase direkt behoben werden und es ist zu erwarten, dass die Software-Hersteller eine Lernkurve hinter sich haben, von der alle künftigen On-Demand-Anbieter profitieren werden. Projektseitig braucht es dennoch erfahrungsgemäß einen „Kümmerer”, der im Sinne der Fahrgäste immer wieder in eine intensive und kleinteilige Diskussion einsteigt. 

Beschaffung

Ursprünglich wurden die Fahrzeuge des britisch-chinesischen Herstellers LEVC (London Electric Vehicle) gewünscht, da ihr Fahrzeugkonzept mit „London Cabs” das Projektteam mit einem hohen Komfort und Barrierefreiheit überzeugte. Im Projektverlauf kam es allerdings immer wieder zu großen Software-Problemen sowie zu langen Werktstattaufenthalten durch die zeitaufwändige Zollabwicklung zwischen Großbritannien und der EU. Daher wurde dann der Schwerpunkt auf EU-Fahrzeuge gelegt. Bei den aktuell eingesetzten Fahrzeugen ist die Mitfahrt von Personen im Rollstuhl daher nicht mehr möglich. Rollatoren oder Kinderwägen können allerdings weiterhin befördert werden. Im Gegensatz zu größeren On-Demand-Projekten ist der barrierefreie Umbau eines Fahrzeugs (= 50 Prozent der Flotte vor Ort) nicht wirtschaftlich und wurde daher verworfen.

Zugänglichkeit

Schon sehr früh im Projekt wurde die Beseitigung von Zugangshürden für die Nutzung durch Seniorinnen und Senioren als potenzielle Herausforderung empfunden.  Als Reaktion wurde eine intensive Seniorenarbeit (z. B. „Senioren-App-Schulung“) betrieben, die sich gelohnt hat. Nach anfänglicher Skepsis besteht nun vor Ort keine Sorge mehr darüber, ob Seniorinnen oder Senioren an der Nutzung scheitern könnten. Zur Lösung beigetragen hat ebenfalls die Einführung eines gemeinsamem Callcenters auf Ebene des Verkehrsverbundes, das zu komfortablen Zeiten eine Buchung per Telefon ermöglicht.

Personal

Das On-Demand-System in Schwabach wird von einem Busunternehmen getragen. Schwierigkeiten sind dabei anfangs entstanden, indem ein Teil des Belegpersonals das Fahren von Taxi-ähnlichen Kleinfahrzeugen ablehnte. Es wurde separates Personal eingestellt.  

Kommunaler Nahverkehrsplan
Quelle: berlin-event-foto.de/Peter-Paul Weiler
Icon Instrumente

Kommunale Nahverkehrspläne sind ein strategisches Instrument für die mittel- und langfristige Planung des ÖPNV. Sie bilden für den Aufgabenträger die Grundlage für die Ausgestaltung des ÖPNV.

Bedarfsanalyse
Umsetzungshilfen

Bedarfsanalyse

Icon Umsetzungshilfen

Die Bedarfsanalyse untersucht die Mobilitätsbedürfnisse einer Zielgruppe und bildet die Grundlage für die Entwicklung passender Mobilitätsangebote.

Bürgerbeteiligung
Quelle: Mobilikon 2021
Umsetzungshilfen

Bürgerbeteiligung

Icon Umsetzungshilfen

Bürgerinnen- und Bürgerbeteiligung ist fester Bestandteil einer lebenswerten Gesellschaft. Sie ist wichtig bei der Erstellung neuer Konzepte und bei der Umsetzung von konkreten Projekten vor Ort.

Handbuch zur Planung flexibler Bedienungsformen im ÖPNV
Mit On-Demand-Angeboten ÖPNV-Bedarfsverkehre modernisieren

Sommer 2020:

Erste Idee

Juli 2022:

Stadtrat beschließt 3-jährigen Probebetrieb

Februar 2023: 

Positiver Abschluss einer Machbarkeitsstudie

Januar 2024: 

Probephase mit sogenannten „friendly usern”

Februar 2024:

Start des regulären Betriebs

Dezember 2024:

Ende des Förderzeitraums

Februar 2025:

Änderung Betriebsprogramm (sonntags tagsüber wieder Busse)

Juni 2025:

Einführung des Komfortzuschlags für On-Demand-Fahrten

Dezember 2026:

Ende des 3-jährigen Probebetriebs (Entscheidung über Verlängerung oder Überführung in Regelbetrieb steht noch an, Stand Oktober 2025)

Bayerischer Rundfunk (BR), 2024: Stadt-Taxi "Lotti" ergänzt Schwabacher ÖPNV. Zugriff: https://www.br.de/, Suche („Lotti“) [abgerufen am 29.08.2025].

Bayerisches Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr (StMB), o. J.: On-Demand-Verkehr Lotti (Linie A666). Zugriff: https://www.wir-bewegen.bayern.de/, Projekte, ÖPNV [abgerufen am 29.08.2025].

Nürnberger Nachrichten (NN), 2025: Bedarf ist größer als gedacht. Zugriff: https://www.nn.de, Suche („Lotti“) [abgerufen am 29.08.2025]. 

Stadt Schwabach 2040, 2024: Mobilitätsplan Schwabach 2040. Zugriff: https://www.schwabach.de, Suche („Mobilitätsplan“) [abgerufen am 29.08.2025].

Städtische Werke Schwabach, 2024: Lotti 2.0 – Anpassungen ab 2025. Zugriff: https://www.stadtwerke-schwabach.de/, Aktuelles, Meldungen 02.12.2024 [abgerufen am 29.08.2025].

Stadtverkehr Schwabach, o. J.: Lotti – Einfach. Sicher. Ankommen. Zugriff: https://www.schwabach-mobil.de/, Lotti [abgerufen am 29.08.2025].

Stadtverkehr Schwabach, 2025: VDV-Mitteilung 1001, Ausgabe 05/2025, Seite 40f.

Ähnliche Praxisbeispiele

Quelle: Landratsamt Bamberg, Markus Hammrich

Mobilstationen im Landkreis Bamberg

Der Landkreis Bamberg realisiert mit seinen 36 kreisangehörigen Gemeinden und Städten auf Basis einer kreisweit abgestimmten Konzeption Mobilstationen.

Quelle: Landkreis Coburg, Fotograf: Brandpirate Manuel Köhler

Nacht-Anruf-Sammel-Taxi Coburg

Im Landkreis Coburg verkehrt seit 2018 das Nacht-Anruf-Sammel-Taxi in den Nächten von Freitag auf Samstag und Samstag auf Sonntag sowie vor den meisten Feiertagen für eine sichere Heimfahrt aus der Stadt in den Landkreis.

Quelle: Projekt SMO, Logistik Agentur Oberfranken e.V.

Shuttle Modellregion Oberfranken

Zwischen 2021 und 2024 fuhren in den oberfränkischen Städten Hof, Rehau, Kronach und Bad Steben hochautomatisierte, elektrisch angetriebene Kleinbusse für bis zu zehn Fahrgäste im öffentlichen Straßenraum.