Mobilfalt – Verknüpfung des privaten Autoverkehrs mit Bus und Bahn

Was ist Mobilfalt?

Zwischen 2013 und 2023 verknüpfte der Nordhessische VerkehrsVerbund (NVV) mit dem Projekt Mobilfalt den motorisierten Individualverkehr mit ÖPNV-Angeboten wie z. B. dem AnrufSammeltaxi, dem Bus, der Tram, der RegioTram oder der Bahn. Der Nordhessische Verkehrsverbund plant und finanziert das regionale Bus-, Tram- und Eisenbahnverkehrsangebot und überwacht die Qualität der Angebote in der kreisfreien Stadt Kassel und in den Landkreisen Kassel, Hersfeld-Rotenburg, Werra-Meißner, Schwalm-Eder und Waldeck-Frankenberg zusammen mit dem Land Hessen. 

Mobilfalt setzt sich aus den Begriffen Mobilität und Vielfalt zusammen und bot die Möglichkeit, den privaten Pkw als Mitfahrgelegenheit anzubieten oder selbst Fahrten zu buchen. 

Fahrten konnten über eine Service-Hotline, Online oder per Telefon angeboten werden. Gab es einen passenden Fahrtwunsch, wurde die Fahrtanbieterin bzw. der Fahrtanbieter informiert und das Kfz-Kennzeichen wurde an die Fahrgäste übermittelt. Die Fahrerin bzw. der Fahrer war über die private Kfz-Haftpflichtversicherung abgesichert. 

In den Gemeinden Neu-Eichenberg, Witzenhausen, Großalmerode und Hessisch-Lichtenau ergänzte Mobilfalt bestehende Fahrpläne des ÖPNV zu einer halbstündlichen Erreichbarkeit der Orte. Fuhr ein Bus um 10:00 Uhr und um 12:00 Uhr wurde Mobilfalt um 10:30 Uhr, 11:00 Uhr und 11:30 Uhr angeboten.

Mitfahren durften alle Personen ab 14 Jahren. Jeder erhielt mit der Registrierung ein Starguthaben in Höhe von zehn Euro. Die Fahrt musste mindestens 60 Minuten vor fahrplanmäßiger Abfahrt gebucht werden. Bei einer späteren Buchung bis 30 Minuten vor Fahrplan-Abfahrt, war nur noch die Fahrt im Mobilfalt-Taxi möglich. Über einen Gastzugang konnten auch Gelegenheitsfahrerinnen und -fahrer und Kinder von 6 bis 13 Jahren Fahrten mit dem Mobilfalt-Taxi buchen. 

Die Fahrtanbieterin bzw. der Fahrtanbieter erhielt eine Kostenerstattung von 30 Cent pro Kilometer. Mitfahrerinnen und Mitfahrer zahlten bei privater Mitnahme einen Euro oder den NVV-Ticket-Preis für das Mobilfalt-Taxi. Der Betrag wurde direkt an den NVV gezahlt, sodass der Bezahlvorgang im privaten Pkw entfiel. Da sich Mobilfalt und somit die Privatfahrten und das Mobilfalt-Taxi am Angebot des öffentlichen Nahverkehrs orientierte, erfolgte keine Haustür- sondern nur eine Haltestellenbedienung.

Bei Fragen rund um das Angebot half die NVV-Mobilitätszentrale telefonisch weiter. In der Mobilitätszentrale in Eschwege am Stadtbahnhof standen den Kundinnen und Kunden Ansprechpersonen persönlich zur Verfügung. 

Welche Ziele wurden mit Mobilfalt verfolgt?

Ziel von Mobilfalt war es das ÖPNV-Angebot im Bedienungsgebiet zu ergänzen. Mit Mobilfalt wurde ein attraktives und flächendeckendes Mobilitätsangebot geschaffen, in dem der motorisierte Individualverkehr mit dem ÖPNV verknüpft wurde. Das in den ÖPNV integrierte Ridesharing-System sorgte für eine effizientere Nutzung der Ressourcen im Mobilitätsbereich. 

Wie erfolgte die konkrete Umsetzung?

Mobilfalt wurde vom Land Hessen finanziert und unterstützt. Die Umsetzung fand mit dem Werra-Meißner-Kreis statt und wurde durch die Universität Kassel wissenschaftlich begleitet, um die Übertragbarkeit auf andere ländliche Regionen herauszuarbeiten. Im Jahr 2016 wurde das Projekt mit dem Deutschen Mobilitätspreis ausgezeichnet.

Bei der Umsetzung sind Kosten für das Buchungssystem entstanden, die stark abhängig vom jeweiligen Anbieter sind. Jährliche sind Kosten für die Taxirückfallebene angefallen, die vergleichbar sind mit den Kosten für herkömmliche AST-Verkehre. Lediglich Marketingkosten für die Gewinnung von Fahrerinnen und Fahrern in Höhe von ca. 50.000 Euro jährlich sind zusätzlich zu benennen. Diese konnten allerdings durch einen entsprechenden Anteil an privaten Mitnahmefahrten ausgeglichen werden (Differenz AST gegenüber Privatmitnahme lag pro Kilometer bei 3,40 Euro).

Aufgrund von finanziellen Überlegungen und eines verhältnismäßig hohen Gemeinaufwandes wurde Mobilfalt zum Jahresende 2023 eingestellt. Als Alternative wurde ein AST eingeführt.

Es gab eine Vielzahl an Herausforderungen:

  • begrenzte Verfügbarkeit von Taxiunternehmen,
  • unterschiedliche Erwartungen von Anbietern (hohe Flexibilität) und Nutzerinnen und Nutzer (fahrplanbasierte Verlässlichkeit), 
  • ehrenamtliches Engagement vor Ort notwendig, 
  • Unterstützung durch eine entsprechende IT und personengestützte Beratung für ältere Personen, 
  • kontinuierliches Marketing, um das Angebot attraktiv zu halten.

In Summe bedeutet es, dass das Projekt sowohl finanziell als auch personell ausreichend ausgestattet werden muss, wenn es funktionieren soll. 

Anruflinientaxi
Quelle: Rosa Frank
Icon Maßnahme

Das Anruflinientaxi, auch ÖPNV-Taxi genannt, verkehrt als bedarfsorientierte Bedienform nach Fahrplan auf einem Linienweg und nur nach Anmeldung eines Fahrtwunsches.

Stadt-Umland-Bahn
Quelle: Reinhard Krull / EyeEm / Getty Images
Icon Maßnahme

Die Stadt-Umland-Bahn stellt eine Verknüpfung zwischen Straßenbahn und Eisenbahn zur Schaffung von Direktverbindungen zwischen innerstädtischen und regionalen Bahnstrecken bzw. -systemen dar.

Mitfahrplattform „fahrmob.eco“
Quelle: fahrmob.eco
Beispiele aus der Praxis

Mitfahrplattform „fahrmob.eco“

Icon Beispiele aus der Praxis

„fahrmob.eco“ ist eine ökologisch-soziale Mitfahrplattform zur Verkehrsvermeidung auf kurzen und regionalen Strecken. Sie setzt auf die aktive Mitwirkung der örtlichen Vereine.

Mobilitätszentrale Westerstede
Quelle: BürgerBus Wst e. V.
Beispiele aus der Praxis

Mobilitätszentrale Westerstede

Icon Beispiele aus der Praxis

In der Mobilitätszentrale Westerstede beraten und informieren Ehrenamtliche des BürgerBus Westerstede e.V. seit 2012 über die ÖPNV-Angebote und verkaufen Bus- und Bahnfahrkarten.

Teilhabe- und Mobilstationen: Teilhabe überall – Pilotprojekt zur Stärkung der Daseinsvorsorge im Landkreis Wunsiedel i. Fichtelgebirge
Handbuch zur Planung flexibler Bedienungsformen im ÖPNV
Quelle: berlin-event-foto.de/Peter-Paul Weiler
Icon Instrumente

Das Handbuch des BMVBS gibt eine Einführung in flexible Bedienformen im ÖPNV und bietet Hilfestellungen und Hintergrundinformationen zu den zentralen Aspekten der Einführung in ländlichen Räumen.

ÖPNV-Gesetze der Bundesländer
Icon Instrumente

Die ÖPNV-Gesetze der Bundesländer verankern die Grundregeln zur Nahverkehrsplanung in Form der Organisation und Förderung des Nahverkehrs.

Festlegung einer Marketing- und Kommunikationsstrategie
Quelle: Fotodelux / Getty Images
Icon Hilfen zur Umsetzung

Eine Marketing- und Kommunikationsstrategie kann dazu beitragen, ein positives Umfeld für die Einführung der jeweiligen Maßnahme zu schaffen und beeinflusst langfristig die Wahrnehmung der Maßnahme.

Kosten-Nutzen-Analyse
Quelle: Photography Taken By Mario Gutiérrez / Getty Images
Hilfen zur Umsetzung

Kosten-Nutzen-Analyse

Icon Hilfen zur Umsetzung

Bei einer Kosten-Nutzen-Analyse wird die Wirtschaftlichkeit einer Mobilitätsmaßnahme anhand der monetären und nicht-monetären Wirkungen bewertet.

Kosten- und Erlösschätzung
Quelle: Pichsakul Promrungsee / EyeEm / Getty Images
Hilfen zur Umsetzung

Kosten- und Erlösschätzung

Icon Hilfen zur Umsetzung

Bei der Kosten- und Erlösschätzung werden die Kosten und Erlöse einer Mobilitätsmaßnahme geschätzt und anschließend gegenübergestellt, um den Zuschussbedarf zu ermitteln.

Mit On-Demand-Angeboten ÖPNV-Bedarfsverkehre modernisieren

Verkehrsverbund und Fördergesellschaft Nordhessen mbH, o. J.: Entdecken Sie Mobilfalt. Zugriff: https://www.nvv.de/ [abgerufen am 14.07.2023].

Verkehrsverbund und Fördergesellschaft Nordhessen mbH, o. J.: Fahrtangebote im Werra-Meißner-Kreis und im Landkreis Hersfeld-Rotenburg. Zugriff: https://www.nvv.de/ [abgerufen am 14.07.2023].

Verkehrsverbund und Fördergesellschaft Nordhessen mbH, o. J.: Über Mobilfalt. Zugriff: https://www.nvv.de/ [abgerufen am 14.07.2023].

Nordhessischer VerkehrsVerbund (NVV), 2024.

Ähnliche Beispiele aus der Praxis

Quelle: Martin Leclaire/EWF

Anrufsammeltaxi Waldeck-Frankenberg

Das Anrufsammeltaxi im hessischen Landkreis Waldeck-Frankenberg ist ein bedarfsorientiertes Mobilitätsangebot, das den öffentlichen Nahverkehr mit Bus und Bahn in der ländlichen Region ergänzt.

Quelle: Martin Leclaire/EWF

Jugendtaxi Waldeck-Frankenberg

Das Jugendtaxi Waldeck-Frankenberg verdichtete die vorhandenen Bahn-, Bus- und Anrufsammeltaxi-Verkehre im Landkreis speziell für Jugendliche. Es wurde von 2012 bis 2023 angeboten.