Mobilitätsapp: Fahrkreis

Was ist die Mobilitätsapp: Fahrkreis?

Die App „Fahrkreis“ ist eine digitale, multi- und intermodale Reiseauskunft für ländliche Räume. Dabei werden Fortbewegungsmittel wie Bahn, Bus, Fahrrad und Mitfahrgelegenheiten miteinander verknüpft.

Welche Ziele wurden mit der Mobilitätsapp: Fahrkreis verfolgt?

Übergeordnetes Ziel des Forschungsprojektes „NEMo“, in dessen Rahmen die App „Fahrkreis“ entwickelt wurde, war, die Mobilität in ländlichen Räumen auf nachhaltige Weise zu verbessern. Die Idee bestand darin, dass dort, wo Bus und Bahn selten oder gar nicht verkehren, die Bürgerinnen und Bürger mithilfe entwickelter Informations- und Kommunikationstechnologien selbst Angebote bereitstellen. Die Mobilität wird somit insbesondere in Randzeiten (nachts, an Wochenenden etc.) verbessert. Mobilitätsbedarfe und Angebote, z. B. unter Kolleginnen und Kollegen, können über die App identifiziert und zusammengebracht werden. Als Haltepunkte dienen beispielsweise Bushaltestellen und weitere zentrale Orte der Daseinsvorsorge. Als zentrales Ergebnis des Projektes entstand eine Mobilitätsplattform inkl. der App „Fahrkreis“, die seit Anfang 2020 zum Download über die App-Stores zur Verfügung steht.

Kernaufgabe der App ist es, den Koordinationsaufwand für die Bildung von Fahrgemeinschaften zu reduzieren, indem sie verschiedene Mobilitätsinteressen bündelt, die Routenplanung komplett übernimmt und bei Bedarf noch während der Fahrt eine Umplanung vornimmt. Verzögert sich die Ankunft an einem Zwischenhalt, ermittelt „Fahrkreis“ beispielsweise aktuelle Anschlussmöglichkeiten. Zudem schlägt die App auch einen möglichen Unkostenbeitrag für das Mitfahren vor. Dieser basiert auf den Instandhaltungskosten für das Fahrzeug und wird individuell, je nach Fahrzeugtyp, automatisch berechnet. Es handelt sich allerdings lediglich um eine Preisempfehlung. Die Modalitäten werden individuell zwischen Fahrerin bzw. Fahrer und Mitfahrerin bzw. Mitfahrer ausgehandelt.

Wie erfolgte die konkrete Umsetzung?

In der dünn besiedelten Pilotregion Landkreis Wesermarsch ermittelte das Projektteam durch Interviews und Online-Befragungen vom 07.07.2017 bis zum 10.07.2017, welche Mobilitätsbedürfnisse die Menschen haben und welche strukturellen Hindernisse ländlichen Fahrgemeinschaften entgegenstehen. Das Team fand heraus, dass das eigene Auto dort für viele nach wie vor unverzichtbar ist. Lediglich während der Ausbildungszeit, im Seniorenalter oder beim beruflichen Pendeln besteht eine gewisse Offenheit, ein Fahrzeug zu teilen. Dafür, dass viele lieber alleine fahren, gibt es unterschiedliche Gründe. So führten die Befragten u. a. vermeintlich ungeklärte Haftungsfragen und mögliche Zeitverluste an. Zudem hatten manche Personen Bedenken, Fremde im eigenen Auto mitzunehmen. Diese Ergebnisse flossen in die Entwicklung der App ein.

Als Resultat enthält „Fahrkreis“ beispielsweise ein Ausweissystem für Fahrerin bzw. Fahrer und Mitfahrerin bzw. Mitfahrer, um Vertrauen zwischen den beteiligten Personen zu schaffen. Überdies probierten rund hundert Testpersonen in der Stadt Oldenburg und den umliegenden Landkreisen die App über mehrere Wochen aus und halfen dem Entwicklungsteam durch ihr Feedback, die App weiter zu verbessern. Auch die Haftungsfrage wurde geklärt. Mitfahrerinnen und Mitfahrer sind über die Haftpflichtversicherung der Fahrerin bzw. des Fahrers versichert, solange keine Gewinnabsichten vorliegen und die Mitnahme kostenlos oder zum Selbstkostenpreis angeboten wird. Auch die Anforderungen der 2018 in Kraft getretenen Europäischen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) erfüllt die App.

Um die Zahl der Nutzerinnen und Nutzer möglichst schnell zu steigern, setzt das Projektteam auf die Kooperation mit Firmen, Vereinen, Kommunen und Landkreisen. Die Fahrkreis-App soll so auch nach Projektende weiter praxisorientiert eingesetzt und evaluiert werden. Angedacht ist, dass die Nutzerinnen und Nutzer digitale Bonus-Punkte erhalten, wenn sie klimafreundliche Verkehrsmittel nutzen. Diese Punkte sollen sie gegen Prämien, Gutscheine oder Rabatte eintauschen können.

Zum Projekterfolg beigetragen hat insbesondere die Einbettung in das Forschungsprojekt „NEMo“, durch die es zahlreiche Austausch- und Informationsveranstaltungen mit (assoziierten) Projektpartnern aus Wissenschaft, Wirtschaft und Verwaltung sowie Bürgerinnen und Bürgern gab. Dies hat zum einen wesentliche Inputs für die konkrete Entwicklung der App geliefert sowie zum anderen den Bekanntheitsgrad und die Akzeptanz der App gesteigert.

Neben den Entwicklungskosten, die im Rahmen des Projekts „NEMo“ über Fördermittel finanziert wurden, fallen laufende Kosten für die Wartung sowie Instandhaltung der App und die Bereitstellung eines Ansprechpartners bei technischen Fragen zur App-Nutzung an. Aktuell ist dieser Kontakt bei der Universität Oldenburg angesiedelt.

Bei der erfolgreichen Einführung einer Mobilitätsapp sind frühzeitig lokale Akteure einzubinden und die Gegebenheiten vor Ort zu berücksichtigen. Kommunen und Landkreise halten ein unterschiedliches Mobilitätsangebot vor, das individuell berücksichtigt werden muss. Lokale Unternehmen und Interessengemeinschaften dienen als Multiplikator, um die entwickelten Lösungen und Konzept in der Region zu verankern und die Erfolgschancen zu erhöhen.

Integrierte Mobilitätsplattformen
Quelle: Patcharanan Worrapatchareeroj / Getty Images
Icon Maßnahme

Integrierte Mobilitätsplattformen verbinden Informationen zur Reise mit dem Ticketkauf. Dies ermöglicht Kundinnen und Kunden einen leichten Zugang zum ÖV und steigert die Attraktivität und Nutzung.

Gamification: DB Rad+ App
Quelle: DB (2020)
Beispiele aus der Praxis

Gamification: DB Rad+ App

Icon Beispiele aus der Praxis

Mit der DB Rad+ App können Radfahrerinnen und Radfahrer zurückgelegte Kilometer in Guthaben umwandeln und gegen Rabatte und Prämien einlösen. Der spielerische Ansatz soll zum Radfahren motivieren.

Mobilitätsapp: stadtnavi Herrenberg
Quelle: Stadt Herrenberg 2021
Icon Beispiele aus der Praxis

stadtnavi ist eine von Herrenberg, gefördert durch das BMDV, entwickelte Mobilitäts-App und Datenplattform. stadtnavi vernetzt alle verfügbaren Mobilitätsangebote in der Region und macht eine intermodale Routenplanung möglich.

Netzwerk Anschlussmobilität/Wunderline inkl. WunderlineGO-App
Plön mobil
Beispiele aus der Praxis

Plön mobil

Icon Beispiele aus der Praxis

Plön mobil ist ein interaktiver Liniennetzplan, der Informationen zum öffentlichen Personennahverkehr sowie zur Mobilität allgemein und zum Thema Freizeit im Kreis Plön enthält.

KomMaaS – Kommunale Mobilität as a Service
Quelle: Fraunhofer IESE
Icon Beispiele aus der Praxis

Das Ziel des Projekts KomMaaS ist die Verbesserung der Mobilität in ländlichen Räumen, indem niedrigschwellige Mobilitätskonzepte durch digitale Lösungen erweitert und vernetzt werden.

SMILE24 – ÖPNV-Modellprojekt in der Schlei-Region
Quelle: Nahverkehrsverbund Schleswig-Holstein
Icon Beispiele aus der Praxis

Das SMILE24-Projekt ermöglicht in Schleswig-Flensburg und Rendsburg-Eckernförde emissionsfreie Mobilität mit Bussen, On-Demand-Shuttles, Bike-/Carsharing, vernetzt über Mobilitätsstationen und eine App.

MaaS@bw - Mobility-as-a-Service in Baden-Württemberg. Handlungsempfehlungen für die Digitalisierung kommunaler Mobilität
11.03.2016:

Projektstart/Kickoff von NEMo

März 2017:

Definition der initialen Anforderungen an die Mobilitätsplattform

Dezember 2017:

Vertikaler Prototyp der Mobilitätsplattform und -app

15.03.2018:

Austausch mit dem Landkreis Wesermarsch und dem Zweckverband Verkehrsverbund Bremen/Niedersachsen (ZVBN) zur NEMo-App

Juli 2018:

Start 1. öffentlicher Feldversuch

November 2018:

Integration der Mitfahrfunktion

21.11.2018:

NEMo präsentierte sich auf der Messe des Projektnetzwerkes “Ländliche Räume Niedersachsen” (Hannover): Das Projektteam diskutierte mit Vertreterinnen und Vertretern von Kommunen sowie anderen Projekten aus ganz Niedersachsen unter anderem, welche Möglichkeiten die Fahrkreis-App zur Verbesserung der Versorgungssituation auf dem Land bieten kann.

Januar 2019:

Start 2. öffentlicher Feldversuch

März 2019:

Fertigstellung Mobilitätsplattform + Integration 1-2 Geschäftsmodelle

15.05.2019:

Austausch mit dem Oldenburgisch-Ostfriesischen Wasserverband (OOWV) zur Identifikation potentieller Anknüpfungspunkte im Bereich der betrieblichen Mobilität. Das Unternehmen verzeichnet ein weiter steigendes Aufkommen von Pendlerverkehren und bietet damit einen interessanten Anwendungsfall für die in NEMo entwickelte Fahrkreis-App. Die inzwischen gestartete Forschungskooperation unter dem Titel mOOWVe führt die Zielsetzungen von NEMo in der Praxis fort.

Juli 2019:

Auswertung 2. Feldversuch

01.02.2020:

Deutschlandweite Verfügbarkeit der Fahrkreis-App

13.02.2020:

NEMo-Abschlussveranstaltung an der Universität Oldenburg

Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, o. J.: Fahrkreis – Mobilität planen. Gemeinsam fahren. Einander unterstützen. Zugriff: https://nemo-mobilitaet.de, Fahrkreis-App, Fahrkreis – Mobilität planen. Gemeinsam fahren. Einander unterstützen [abgerufen am 11.12.2023].

Marx Gómez, Jorge, 20.06.2018: Mobilität durch Carsharing verbessern. Zugriff: http://www.ioeb.de/ [abgerufen am 05.08.2020].

Marx Gómez J., Sandau A., Schering J., Jahns M., Samland U., 2019: Mitfahren statt Selbstfahren. In: LandInForm, Ausg. 3.19, S. 48-49.

RABBIT PUBLISHING GmbH, 18.02.2020: Forschungsergebnis: „Fahrkreis“-App soll die Mobilität auf dem Land verbessern. Zugriff: https://intellicar.de/tests-and-research/fahrkreis-app-soll-die-mobilit… [abgerufen am 11.12.2023].

Schering, J.; Sandau, A.; Jahns, M.; Samland, U.; Theesen, C., 2020: Mitfahren als Schlüssel zur Lösung von Mobilitätsproblemen im ländlichen Raum. In: M. Herget, S. Neumeier und T. Osigus (Hrsg.): Mobilität – Erreichbarkeit – Ländliche Räume … und die Frage nach der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse: Tagungsband MobilEr 2020, S. 107-111.

 

VCÖ - Mobilität mit Zukunft, o. J.: NEMo (Nachhaltige Erfüllung von Mobilitätsbedarfen im ländlichen Raum). Zugriff: https://mobilitaetsprojekte.vcoe.at/nemo-nachhaltige-erfllung-von-mobil… [abgerufen am 11.12.2023].

Ähnliche Praxisbeispiele

Quelle: Mobilikon 2021

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