Stationsbasiertes Carsharing: Bürgerschaftlich organisiertes Carsharing-Angebot in kleineren Kommunen im Landkreis Ebersberg

Was ist das bürgerschaftlich organisierte Carsharing-Angebot in kleineren Kommunen im Landkreis Ebersberg?

Der Landkreis Ebersberg liegt in Oberbayern, östlich von München, zwischen den Städten Erding, Wasserburg und Rosenheim. Mit einer Fläche von knapp 550 km² und 144.562 Einwohnerinnen und Einwohnern (Stand: 30.12.2021) zählt er zu den kleineren Landkreisen in Deutschland.

In vielen kleinen, ländlichen Kommunen im Landkreis Ebersberg gibt es zahlreiche erfolgreiche, bürgerschaftlich organisierte Carsharing-Angebote, meist von Vereinen. In Vaterstetten, Freising, Bamberg und Renningen betreiben Vereine bereits seit 1992 stationsbasiertes Carsharing. Im Landkreis Ebersberg betreiben elf Vereine in elf der 21 Landkreis-Gemeinden 64 Fahrzeuge für rund 1.200 Mitglieder mit ca. 2.400 Fahrberechtigten. Damit haben knapp 80 Prozent der Landkreisbürgerinnen und Landkreisbürger mit Führerschein Zugriff auf Carsharing-Fahrzeuge in einer Entfernung von weniger als 1 Kilometer. Rund zwei Prozent nutzen das Angebot. Vergleichbare Carsharing-Angebote gibt es in Traunstein, Amerang, Bad Endorf, Kaufbeuren, Wasserburg, Grasbrunn, Schondorf, Dießen, Utting und in Haar sowie in vielen anderen Gemeinden. Alle Initiativen, die auf dieser Basis Carsharing aufgebaut haben, sind heute noch aktiv (Stand: Mai 2023).

Welche Besonderheiten und Gemeinsamkeiten zeichnet das bürgerschaftlich organisierte Carsharing-Angebot in kleineren Kommunen im Landkreis Ebersberg aus?

Es besteht ein breites, bürgerschaftliches Engagement vor Ort und ein kollegiales, nachbarschaftliches Verhältnis der Teilnehmerinnen und Teilnehmer untereinander. Die Angebote sind zugeschnitten auf die Gegebenheiten, Anforderungen, Möglichkeiten und Größe der jeweiligen Gemeinde. Vor Ort existiert gesellschaftlich, politisch und in den Verwaltungen eine feste Verankerung in der jeweiligen Gemeinde. Als rechtlicher Rahmen steht jeweils ein eingetragener Verein, der als Non-Profit-Organisation ohne Gewinnerzielungsabsicht tätig ist und zugleich wirtschaftlich tragfähige Angebote – ohne Zuschüsse von außen – anbietet. Das Angebot ist ein konventionelles, standortgebundenes Carsharing, das sich als gemeinwohlorientierte, regionale Dienstleistung versteht. Die Fahrzeugstandorte liegen wohnungsnah und öffentlich wahrnehmbar. Sofern vorhanden gibt es eine Quernutzungsmöglichkeit unter den Carsharing-Gruppen.

Wie erfolgte die konkrete Umsetzung und welche Umsetzungsschritte sind zu beachten?

Die Entstehung und der Aufbauprozess laufen in jeder Gemeinde, abhängig von den agierenden Personen und der örtlichen Gegebenheiten, unterschiedlich ab. Voraussetzungen für einen erfolgreichen Aufbau eines Carsharing-Angebotes sind zum einen die Bürgerinnen und Bürger bzw. die Initiatoren vor Ort, die das Projekt vorantreiben. Zum anderen bedarf es der wirksamen Unterstützung durch die Gemeinde, insbesondere durch die Verwaltung und die Verwaltungsspitze, aber auch die Beratung und Unterstützung von bestehenden Vereinen in der Nähe.

Zunächst sollten in einem vorbereitenden Gespräch mit den Akteuren vor Ort, insbesondere auch dem Bürgermeister oder der Bürgermeisterin, offene Fragen geklärt und eine Projektstrategie vereinbart werden. Seitens der Gemeinde ist eine allgemeine Information zum Carsharing in der jeweiligen Gemeinde wünschenswert, z. B. im Rahmen eines Interviews mit dem Bürgermeister oder der Bürgermeisterin in der örtlichen Presse oder einem Artikel im Gemeindeblatt etc. An einem Informationsabend kann mit Beteiligung des Bürgermeisters oder der Bürgermeisterin über das Thema Carsharing in der jeweiligen Gemeinde berichtet werden. Für diese Veranstaltung werden eine umfangreiche Werbung (Plakate, Flyer, Gemeindeblatt, Presse etc.) und eine anschließende Berichterstattung empfohlen.

Alle Interessierten sollten zu mehreren Vorbereitungstreffen öffentlichkeitswirksam eingeladen werden. Bei diesen Treffen werden alle Fragen zu Carsharing allgemein und vor Ort (Fragen zu Autowahl, Stellplatz etc.) eingehend besprochen. Die Beteiligung durch weitere interessierte Personen sollte jederzeit möglich sein.

Ein zentraler Baustein ist die Gründung eines Vereins, idealerweise mit der Gemeinde als Gründungsmitglied, da sie wesentlich ist für die anschließende Mitgliederwerbung. Wichtig ist eine intensive organisatorische und technische Unterstützung beim Aufbau und beim Start des Carsharing-Angebotes (Homepage, Buchungssystem usw.) beispielsweise durch einen Verein in der Nähe. Alle Veranstaltungen und Treffen sollten möglichst in öffentlichen Räumen, idealerweise im Rathaus stattfinden. Es hat sich als sehr hilfreich erwiesen, wenn jeweils die Gemeinde bzw. der Bürgermeister oder die Bürgermeisterin einlädt.

Innerhalb des gesamten Prozesses sollte vermittelt werden, dass keine zu frühen Festlegungen von Verantwortlichen und Rollen erfolgen und dass weitere Interessenten willkommen sind. Zudem sollte der Projektfortgang öffentlich gemacht und dafür Sorge getragen werden, dass alle Beteiligten ihre Fragen und Anliegen einbringen können und dass versucht wird, möglichst viele Bürgerinnen und Bürger mit einzubeziehen und zu beteiligen.

Die Motivation der Beteiligten für eine gute, sinnvolle Sache steht an vorderster Stelle. Wichtig ist auch, die Tätigkeiten und Zuständigkeiten auf möglichst viele Personen im Verein zu verteilen, um die vielfältigen Anforderungen und Arbeiten zu bewerkstelligen. Vorteilhaft ist eine fachkundige Begleitung, die es vor allem versteht, Engagement zu wecken, Widerstände zu beseitigen, Bedenken zu entkräften und Mut zu machen. Wichtig ist es, einen bestehenden Carsharing-Verein möglichst in der Nähe zu suchen, der bereit ist, seine Kenntnisse und Erfahrungen weiterzugeben.

Es gilt, Vertrauen aufzubauen und den Sinn und Vorteil des Projektes zu kommunizieren. Entscheidend ist die Fähigkeit zur Motivation. Vorteilhaft für die Bildung von Vertrauen ist eine fachkundige Begleitung, die es versteht Engagement zu wecken, Widerstände zu beseitigen, Bedenken zu entkräften und Mut zu machen.

Wenn es im Ort (oder in der Nähe) ein kommerzielles Angebot gibt, bzw. in der Vergangenheit gab, ist es sehr schwer eine bürgerschaftlich getragene Initiative aufzubauen. Wichtig ist, das Projekt gemeinsam zu initiieren und von Anfang an im Verein eine notwendige Kultur des „Wir machen das gemeinsam für uns“ aufzubauen. Es sollte vermieden werden, nur eine verantwortliche Person zu haben, sondern sich so zu organisieren, dass alle Beteiligten an einem Strang ziehen und sich gleichermaßen einbringen können.

Corporate Carsharing
Quelle: Mobilikon 2021
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Das Corporate Carsharing ist eine Kombination aus betrieblichem Flottenmanagement und stationsbasiertem Carsharing. Die Fahrzeuge werden tagsüber als Dienstwagen und danach zum Carsharing genutzt.

Free-Floating-Carsharing
Quelle: d3sign / Getty Images
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Free-Floating-Carsharing bezeichnet die organisierte gemeinschaftliche Nutzung von Kraftfahrzeugen mit freier Stellplatzwahl innerhalb eines fest definierten Nutzungsgebiets.

Privates Carsharing
Quelle: Mobilikon 2021
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Beim privaten Carsharing vermietet eine Privatperson über eine Vermittlungsbörse ihr Auto an andere private Nutzerinnen und Nutzer.

Stationsbasiertes Carsharing
Quelle: Bildkraftwerk / Laurin Schmid
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Stationsbasierte Carsharing-Angebote bieten eine flexible Erweiterung der Mobilitätsmöglichkeiten in ländlichen Räumen. Verschiedene Fahrzeugtypen können an festen Stationen ausgeliehen werden.

BARshare – kommunales E-Carsharing-Angebot im Landkreis Barnim
Dorfauto: Dorfmobil Barsikow
Quelle: Dorfmobil Barsikow
Beispiele aus der Praxis

Dorfauto: Dorfmobil Barsikow

Icon Beispiele aus der Praxis

Unterstützt vom Landkreis Ostprignitz-Ruppin bietet der Dorfverein in Barsikow ein elektrisch betriebenes Dorfmobil an, welches der kleinen Dorfgemeinschaft als Carsharing-Fahrzeug zur Verfügung steht.

Dorfauto: Dörpsmobil Klixbüll
Quelle: Gemeinde Klixbüll
Beispiele aus der Praxis

Dorfauto: Dörpsmobil Klixbüll

Icon Beispiele aus der Praxis

In der Gemeinde Klixbüll ergänzt ein Elektrofahrzeug das Mobilitätsangebot und kann stunden- oder tageweise gemietet werden.

Linien-E-Carsharing in Borgholzhausen
Quelle: Karin Warias
Icon Beispiele aus der Praxis

Mit dem Linien-E-Carsharing in Borgholzhausen wird der öffentliche Personennahverkehr durch ein Angebot von Elektrofahrzeugen zum Zurücklegen der letzten Meile ergänzt.

mobine – ein Dorf-Auto für Jedermann
Quelle: Landkreis Cuxhaven
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Die mobine ist ein durch einen Verein gestütztes, effizientes und innovatives Carsharing-Modell mit ehrenamtlichem Fahrdienst, das als Ergänzung zum vorhandenen ÖPNV die Mobilität in Neuenwalde verbessert.

NeueMobilitätPAF – Pulsierendes Carsharing in und um Pfaffenhofen a. d. Ilm
Pulsierendes Carsharing in und um Homberg (Efze)
Quelle: Von Lengerken, Heimatnachrichten
Icon Beispiele aus der Praxis

Tägliches Pendeln der CarSharing-Pkw aus dem Umland morgens in die Kreisstadt und abends zurück gibt dem Konzept seinen Namen: Pulsierendes CarSharing. Schaffung einer Synergie dienstlicher und privater Mobilität.

Stationsbasiertes E-Carsharing: Modellregion E-WALD
Fahrdienst Königsbrunn
Quelle: MGH Königsbrunn
Beispiele aus der Praxis

Fahrdienst Königsbrunn

Icon Beispiele aus der Praxis

Im Rahmen des Fahrdienst Königsbrunn werden ältere sowie mobilitätseingeschränkte Personen ehrenamtlich befördert.

Multimodale Mobilitätsdienstleistungen: Dorfbeweger – Integrierte Mobilität in der Dorfgemeinschaft Effolderbach
E-Carsharing-Angebot "Küstenstromer"
Quelle: Nordseebad Spiekeroog GmbH
Icon Beispiele aus der Praxis

„Küstenstromer“ ist ein auf Elektrofahrzeuge basierendes Carsharing-Angebot, vorwiegend für Einheimische und Gäste der autofreien Insel Spiekeroog. Das Angebot verbessert für diese die Mobilität auf dem Festland.

Carsharing Gesetz (CsgG)
Quelle: RUNSTUDIO / Getty Images
Icon Instrumente

Das Carsharinggesetz bildet den rechtlichen Rahmen für Maßnahmen zur Bevorrechtigung des Carsharings, insbesondere durch die Ausweisung von Stellplätzen und ermäßigte Parkgebühren.

Leitfaden zur Gründung neuer Carsharing-Angebote
Ein Leitfaden für elektromobiles Carsharing im ländlichen Raum
Carsharing
Wissenschaftliche Dokumente
Publikationssammlung

Carsharing

Icon Publikationssammlung

Die praxisnahe Hilfestellung für Kommunen in Nordrhein-Westfalen formuliert Verfahrensschritte und Strategien für die erfolgreiche Umsetzung von Carsharing-Angeboten.

Carsharing im öffentlichen Raum: Handlungsmöglichkeiten für Kommunen in Baden-Württemberg

Carsharing Trägerverein EBE e.V., 2021: Carsharing im Landkreis Ebersberg. Zugriff: https://www.ebe-carsharing.de/ [abgerufen am 17.01.2025].

Landkreis Ebersberg, 2020: Landkreis – Landkreis in Zahlen: https://www.lra-ebe.de/landkreis/der-landkreis-in-zahlen/ [abgerufen am 17.01.2025].

Vaterstettener Auto-Teiler e.V., 2021. Zugriff: https://www.carsharing-vaterstetten.de [abgerufen am 17.01.2025].

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Quellvermerk: „Mobilikon 2021"

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Quelle: Mobilikon 2021

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Quelle: Projekt SMO, Logistik Agentur Oberfranken e.V.

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