Umgestaltung Altstadt West Freising

Ausgezeichnet im Rahmen des Wettbewerbes Gemeinsam aktiv. Mobil in ländlichen Räumen“ (2023) des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR)

Was ist die Umgestaltung Altstadt West Freising?

Die Innenstadt der Stadt Freising befindet sich momentan im Umbau und wird verkehrsberuhigt ausgestaltet. Entsprechend sollte ein Einfahren des Kfz-Verkehrs in die Innenstadt nicht mehr möglich sein, wodurch Fahrspuren für den Kfz-Verkehr an der Karlwirtkreuzung entfallen und stattdessen Radverkehrsanlagen angeordnet werden konnten.

Im Rahmen des Projekts „Umgestaltung Altstadt West“ hat die Stadt Freising die sogenannte Karlwirtkreuzung sowie den anliegenden Platz für den Fuß- und Radverkehr aufgewertet. In der Karlwirtkreuzung konnten Abbiegespuren zugunsten von Radverkehrsanlagen entfallen. Der nahegelegene Platz wurde unter den Aspekten „entsiegeln“, „wiederverwerten“ und „bepflanzen“ attraktiver gestaltet.

Welche Ziele werden mit der Umgestaltung Altstadt West Freising verfolgt?

Das Ziel bestand darin, die Anbindung der Innenstadt für den Rad- und Fußverkehr attraktiver zu machen. Außerdem sollte der anliegende Platz als Korrespondenz zur Altstadt und Eintrittstor zum historischen Lindenkeller, einem bekannten Veranstaltungsort und Restaurant in Freising, sowie dem Fürstendamm als grüner Lunge Freisings an Aufenthaltsqualität gewinnen.

Das Projekt ermöglichte eine sichere Führung für den Radverkehr und konnte dazu beitragen, dass Konflikte zwischen Fuß- und Radverkehr auf den engen Gehwegen minimiert werden. Vor allem im Sommer lässt sich erkennen, dass der neugestaltete Platz hohe Akzeptanz durch die Freisingerinnen und Freisinger erfahren hat. Neben den erreichten Zielen (Sicherheit, Attraktivität) entstand auch ein wirtschaftlicher Nutzen für die anliegende Eisdiele am Platz sowie die Geschäftstreibenden der Innenstadt.

Wie erfolgte die konkrete Umsetzung?

Die Stadt Freising hat im Jahr 2018 das Mobilitätskonzept „nachhaltig.mobil“ verabschiedet und sich zum Ziel gesetzt, den Anteil des Umweltverbundes, bestehend aus Fuß- und Radverkehr sowie dem ÖPNV, an den zurückgelegten Wegen in Freising auf 65 Prozent zu erhöhen. Im Rahmen des Mobilitätskonzepts wurde daher ein Zielnetz Radverkehr verabschiedet, welches das Straßennetz in ein Haupt- und ein Erschließungsnetz aufteilt. Die Karlwirtkreuzung verbindet mit der Vöttinger Straße, Wippenhauser Straße sowie der Johannisstraße drei Straßen, die dem Hauptnetz zugewiesen sind.

Durch ein Einfahrtsverbot in die Obere Hauptstraße (Innenstadt) für den Kfz-Verkehr war es möglich, Abbiegespuren entfallen zu lassen und stattdessen Radverkehrsanlagen anzuordnen, die den Empfehlungen für Radverkehrsanlagen (ERA) sowie dem Freisinger Mobilitätskonzept entsprechen. Die neu entstandenen Schutzstreifen und Radfahrstreifen wurden zusätzlich in grüner und – in Konfliktbereichen, wie z. B. querenden Straßen – roter Farbe flächig markiert, um die subjektive Sicherheit zu steigern.

Die Umgestaltung des Platzbereiches wurde im Rahmen des Förderprogramms „REACT-EU“ gefördert. Für eine bes­sere Zugänglichkeit zum Weihenste­phaner Berg wurden drei Stellplätze zu Gunsten von entsiegelten Aufenthaltsflächen ent­fernt. Der Parkplatz für Menschen mit Ein­schränkungen wurde in der Breite von 3,5 Metern im nahegelegenen Bereich vor dem Eiskeller neu gebaut. Die dort bestehenden Stellplätze für E-Fahrzeuge, Motorräder und Fahrräder konnten ertüchtigt werden: Die Stellplätze wurden dabei teilentsiegelt, um die Versickerung vor Ort zu gewährleisten.

Durch die Verlagerung und den teilweisen Entfall der Parkplätze konnte aus dem Verkehrsraum ein angenehmer urbaner, dennoch begrünter Platz geschaffen werden, an dem einige neue Highlights wie eine große Plakatwand mit Informationen zur Historie der Karlwirtkreuzung und des Lindenkellers, ein großformatiges Grafitti oder Spielsteine entdeckt werden können. In den Abendstunden sorgt eine neue dezente Beleuchtung der historischen Mauer für eine angenehme Aufenthaltsqualität und sogar eine Verweilstimmung auf dem Platz, was insbesondere Besucherinnen und Besuchern von Veranstaltungen zugutekommt.

Bei dem Projekt stellte vor allem der Zeitdruck eine große Herausforderung dar. Die Wiedereröffnung der Oberen Altstadt nach der baulichen Neugestaltung war für den Herbst 2022 geplant, weswegen die Umgestaltung der Kreuzung schon vorab fertiggestellt werden sollte, um schon von Anfang an sicher zu stellen, dass der motorisierte Individualverkehr nicht mehr über die Obere Hauptstraße in die Innenstadt einfährt. Durch die Verknüpfung der einzelnen Teilprojekte – Platzgestaltung sowie der fahrradfreundlichen Markierung – war eine genaue Abstimmung von sich gegenseitig bedingenden Faktoren wichtig. Dies betraf zum Beispiel die zeitintensive Berechnung der Leistungsfähigkeit der Kreuzung nach der Umgestaltung. Die einzelnen Teilprojekte mussten somit annähernd gleichzeitig in ihrer Planung vorangetrieben werden. Der Beschluss zur Umsetzung konnte folglich erst relativ spät gefällt werden.

Die Ausschreibung, Vergabe sowie Abstimmung zwischen unterschiedlichen Ämtern (Stadtplanungsamt, Amt für Straßen- und Brückenbau, Amt für Öffentliche Sicherheit und Ordnung) musste somit aufgrund der nahenden Eröffnungsfeier der Altstadt zügig umgesetzt werden.

Die Umgestaltung des Platzbereiches am Lindenkeller musste Ende Juni 2023 baulich abgeschlossen sein, um im Förderzeitraum zu bleiben. Dieser enge zeitliche Rahmen hat eine hohe Flexibilität aller am Bau Beteiligten erfordert. Um in den knapp bemessenen Kosten und Zeitraum zu bleiben, wurde ein Großteil der Arbeiten von den städtischen Betrieben durchgeführt. So hat der städtische Bauhof sämtliche Belags- und Abbrucharbeiten übernommen, die Stadtgärtnerei alle Baum-, Strauch- und Staudenpflanzungen. Zusätzlich mussten die anstehenden Restaurierungsarbeiten der historischen Mauer in den engen Zeitplan integriert werden.

Um nicht förderschädlich zu handeln, musste das Projekt extrem präzise dokumentiert werden. Zudem mussten vielfältige Vergabe- und Kontrollaufgaben erfüllt werden. Diese Dokumentation hat einen erheblichen Verwaltungsaufwand in mehreren Ämtern der Stadt verursacht.

Ausbau der Fußverkehrsinfrastruktur
Quelle: Bildkraftwerk / Laurin Schmid
Icon Maßnahme

Eine hochwertige Fußverkehrsinfrastruktur steigert den Komfort und die Sicherheit des Zufußgehens. So wird die Nahmobilität verbessert und die Erschließung des ÖPNV erleichtert.

Fahrradstreifen
Quelle: berlin-event-foto.de/Peter-Paul Weiler
Icon Maßnahme

Der durch eine Markierung am rechten Fahrbahnrand gekennzeichnete Fahrradstreifen ist eine kostengünstige Maßnahme zur Verbesserung der Sicherheit für Radfahrerinnen und Radfahrer im Straßenraum.

Ausbau der Fußverkehrsinfrastruktur im Modellquartier „Marktplatz und Mühlendamm“
Fahrradpiktogramme auf Stadt- und Kreisstraßen im Landkreis Osterholz
Neugestaltung von Innenstadtbereichen: Wohnzimmer von Rotenburg
Mobilitätskonzept
Icon Instrumente

Als strategisches Planwerk definiert ein Mobilitätskonzept die Rahmenbedingungen der Verkehrsplanung sowie -entwicklung und erarbeitet konkrete Lösungsansätze zu verschiedenen Themen im Verkehrsbereich.

Masterplan Nahmobilität
Icon Instrumente

Ein Masterplan Nahmobilität ist ein Gesamtkonzept für die Nahmobilität zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für den Fuß- und Radverkehr auf kommunaler Ebene.

Informationsveranstaltung
Quelle: Bildkraftwerk / Zöhre Kurc
Hilfen zur Umsetzung

Informationsveranstaltung

Icon Hilfen zur Umsetzung

Eine Informationsveranstaltung informiert die Öffentlichkeit über neue Mobilitätsangebote und bietet eine Plattform zum Austausch, um die Bekanntheit und das Verständnis der Angebote zu steigern.

Schlüsselfaktoren für eine erfolgreiche Umgestaltung des Straßenraums
Quartiersmobilität gestalten. Verkehrsbelastungen reduzieren und Flächen gewinnen
2018:

Beschluss Mobilitätskonzept als Grundlage für die Planung

Oktober 2021:

Interessensbekundung REACT-EU für die Platzgestaltung

Mai 2022:

Beschluss „Umgestaltung Altstadt West“

August 2022:

Arbeiten im Kreuzungsbereich und Fertigstellung fahrradfreundliche Markierung

April 2023:

Eröffnung Platz

Kerstin Vogel, Süddeutsche Zeitung, 01.09.2022: Karlwirtkreuzung in Freising: Bunt und sicher. Zugriff: https://www.sueddeutsche.de, München, Freising [abgerufen am 11.01.2024].

Stadt Freising, 2023.

Wolfgang Schnetz, Merkur, 13.04.2023: Geschichte à la Graffiti: Bunter Bilderbogen als Wegbegleiter zum Freisinger Lindenkeller https://www.merkur.de, Lokales, Freising [abgerufen am 11.01.2024].

Ähnliche Praxisbeispiele

Quelle: Landratsamt Bamberg, Markus Hammrich

Mobilstationen im Landkreis Bamberg

Der Landkreis Bamberg realisiert mit seinen 36 kreisangehörigen Gemeinden und Städten auf Basis einer kreisweit abgestimmten Konzeption Mobilstationen.

Quelle: DB (2020)

Gamification: DB Rad+ App

Mit der DB Rad+ App können Radfahrerinnen und Radfahrer zurückgelegte Kilometer in Guthaben umwandeln und gegen Rabatte und Prämien einlösen. Der spielerische Ansatz soll zum Radfahren motivieren.