Weg zu einem barrierefreien öffentlichen Personennahverkehr im Landkreis Reutlingen

barrierefreie Bushaltestelle und einfahrender Bus
Quelle: Mobilikon, 2021

Was ist der Weg zu einem barrierefreien ÖPNV im Landkreis Reutlingen?

Um die Teilhabe von mobilitätseingeschränkten und sensorisch eingeschränkten Fahrgästen im öffentlichen Personennahverkehr zu unterstützen, werden im Landkreis Reutlingen Maßnahmen in unterschiedlichen Bereichen umgesetzt.

Der barrierefreie Zugang zum ÖPNV ist für Menschen mit Behinderungen oder Einschränkungen eine Grundvoraussetzung für die Sicherheit ihrer Mobilität. Auch durch die demographische Entwicklung und dem damit verbundenen steigenden Anteil von älteren Menschen gewinnt die barrierefreie Mobilität zunehmend an Bedeutung. Gleichermaßen profitieren aber auch Eltern mit Kinderwagen, Reisende mit Gepäck oder Fahrgäste mit Einkaufstaschen von einer barrierefreien Gestaltung des öffentlichen Verkehrs. Die Barrierefreiheit im öffentlichen Verkehr bietet mehr Komfort und Zugänglichkeit für unterschiedliche Fahrgäste.

Eine barrierefreie Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel kann nur im Zusammenspiel zwischen den Haltestellen, den eingesetzten Fahrzeugen und der Fahrgastinformation hergestellt werden. Daher setzt der Landkreis Reutlingen in seinem Nahverkehrsplan Ziele und Rahmenvorgaben zur Erreichung eines barrierefreien ÖPNV fest und wirkt auf die schrittweise Umsetzung hin.

Im Nahverkehrsplan des Landkreises Reutlingen wurden beispielsweise Vorgaben im Sinne der Barrierefreiheit zu Fahrzeugen und Fahrpersonal festgelegt. Bei neu zu vergebenden Verkehrsleistungen für Buslinien im Landkreis Reutlingen werden entsprechende Fahrzeugkriterien als verbindliche Voraussetzung festgelegt, wie z. B. Niederflur- oder Low-Entry-Busse mit Kneeling (Möglichkeit den Bus abzusenken, um Fahrgästen das Einsteigen zu erleichtern) und ausklappbarer Rampe.

Diese Anforderungen kommen bei Neuvergaben von Verkehrsleistungen zur Anwendung. Sie haben zunächst keinen direkten Einfluss auf bestehende Linienverkehre. Es gibt allerdings bereits Linienverkehre, bei denen im Rahmen der Neuvergabe auf die barrierefreie Nutzung der Fahrzeuge geachtet wurde.

Im Landkreis Reutlingen gibt es rund 775 Bushaltestellen (Stand: Oktober 2021), von denen vor allem im Bereich der Stadt Reutlingen bereits zahlreiche barrierefrei ausgebaut wurden. Auch im ländlichen Bereich des Landkreises werden sukzessive bestehende Haltestellen barrierefrei umgebaut.

Welche Ziele werden mit dem barrierefreien ÖPNV im Landkreis Reutlingen verfolgt?

Zur Gewährleistung eines barrierefreien Ein- und Ausstieges in den Bus für mobilitätseingeschränkte Personen dient beispielsweise der Einsatz des Kasseler Sonderbords, bei dem in Verbindung mit Niederflur- oder Low-Entry-Fahrzeugen und, je nach Höhe des Sonderbords gegebenenfalls durch zusätzliches Ausklappen einer Rampe, Barrierefreiheit hergestellt wird. Darüber hinaus sollte für seheingeschränkte oder blinde Menschen ein taktiles Leitsystem angebracht werden. Im Juni 2020 hat der Landkreis im Rahmen eines Pilotprojektes, gefördert durch das Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg, mit der Vor-Ort-Erfassung der Bushaltestellen im Landkreis zur Feststellung des Ist-Zustandes begonnen. Mit Hilfe dieser Daten sollen künftig Informationen zur barrierefreien Reisekette über die elektronische Fahrplanauskunft abrufbar sein.

Neben verkehrsräumlichen Maßnahmen hat der Landkreis Reutlingen zur Umsetzung der Ziele der UN-Behindertenrechtskonvention im Jahr 2013 eine Inklusionskonferenz ins Leben gerufen. In diesem Netzwerk sind alle Akteure beteiligt, die Inklusion im kommunalen Raum beeinflussen und ausgestalten. Zweck der Konferenz ist es, das Wissen und die Erfahrungen der Beteiligten zu bündeln, darauf aufbauend Lösungsansätze zu entwickeln und so die Ziele der UN-Behindertenrechts-Konvention auf kommunaler Ebene umzusetzen. Zu den Mitgliedern zählen die Kreisverwaltung Reutlingen, das Sprecherteam des Beirats Selbsthilfe, weitere Städte und Gemeinden des Landkreises Reutlingen, Selbsthilfeorganisationen, Sozialversicherungsträger sowie Vertreterinnen und Vertreter aus Wissenschaft, Wohnungsbau und Wirtschaft.

Wie erfolgte die konkrete Umsetzung?

Zur Umsetzung trägt der im Mai 2021 beschlossene Nahverkehrsplan des Landkreises Reutlingen bei. Darin sind u. a. Hintergründe, Ziele und Maßnahmen zur Förderung von Barrierefreiheit, beispielsweise der Einsatz von barrierefreien Fahrzeugen, aufgeführt. Dabei nimmt der Nahverkehrsplan auch eine Kategorisierung und Priorisierung für den Ausbau der Bushaltestellen vor, die gemeinsam mit den Städten und Gemeinden im Landkreis entwickelt wurden.

Das Kreisstraßenbauamt setzt die bauliche Barrierefreiheit Zug um Zug für Haltestellen im Verantwortungsbereich des Landkreises um. Die Städte und Gemeinden haben sich ebenfalls auf den Weg gemacht um die baulichen Voraussetzungen für einen barrierefreien ÖPNV anzugehen.

Auf dem Weg zur Barrierefreiheit erfolgt eine Unterstützung durch die Inklusionskonferenz. Sie dient dabei als Schnittstelle zwischen bürgerschaftlichem Dialog, kommunaler Steuerung, fachlichem Bezug zur Teilhabe von Menschen mit Behinderung und Expertinnen und Experten mit eigener Erfahrung.

 

Für den barrierefreien Ausbau der Bushaltestellen sind die Landkreise, vor allem aber die Städte und Gemeinden zuständig. Der Landkreis selbst hat damit nur begrenzten Einfluss auf den barrierefreien Umbau der Haltestellen. An den in der Zuständigkeit des Landkreises Reutlingen liegenden Bushaltestellen wird der barrierefreie Ausbau in enger Abstimmung mit dem Kreisbehindertenbeauftragten vorangebracht.  

Damit Barrierefreiheit im ÖPNV überhaupt funktioniert, sollte beim barrierefreien Ausbau der Haltestelle auf den Ausbau nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik (z. B. DIN-Normen) geachtet werden. Leider erfolgte bei den Haltestellen nicht immer ein Ausbau nach diesen Regeln. Es finden sich auch Bushaltestellen, an denen bereits ein Kasseler Sonderbord verbaut wurde, ein taktiles Leitsystem jedoch noch fehlt.

Zudem ist eine barrierefreie Nutzung des ÖPNV nur möglich, wenn die Beschaffenheit der Fahrzeuge und der Haltestelleninfrastruktur gemeinsam den hierfür erforderlichen Anforderungen entsprechen und aufeinander abgestimmt sind. Im Zuge der Planungen für den barrierefreien Ausbau von Haltestellen sollte, neben der Anwendung der allgemein anerkannten Regeln der Technik, eine Abstimmung zwischen dem für den barrierefreien Ausbau zuständigen Straßenbaulastträger (z. B. Landkreis, Städte und Gemeinden) und dem Verkehrsunternehmen erfolgen.

Im Landkreis Reutlingen wird die Barrierefreiheit im ÖPNV unter Beteiligung des Kreisbehindertenbeauftragten, der Inklusionskonferenz mit ihrem Kompetenzteam, dem Kreisstraßenbauamt und der Abteilung Nahverkehr und Mobilität beim Kreisamt für nachhaltige Entwicklung gemeinsam umgesetzt.

Um barrierefreie Mobilität zu schaffen, sind darüber hinaus insgesamt große finanzielle Aufwendungen notwendig.  

2013:

Einrichtung Inklusionskonferenz und Beirat Selbsthilfe.

2020:

Im Rahmen eines durch das Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg geförderten Pilotprojektes hat der Landkreis Reutlingen im Juni 2020 mit der Erfassung des Ist-Zustandes der Bushaltestellen im Landkreis begonnen. Ziel ist es, mit Hilfe dieser Daten Informationen zur barrierefreien Reisekette über die elektronische Fahrplanauskunft bereitzustellen.

2021:

Beschluss des Nahverkehrsplans am 19.05.2021 durch den Kreistag. Festlegung der Vorgehensweise und Priorisierung des barrierefreien Umbaus der Haltestellen.

2021:

Fortsetzung der Erfassung sämtlicher ÖPNV-Bushaltestellen im Landkreis Reutlingen, hinsichtlich ihrer baulichen Situation für zukünftige Fahrgastinformationen über barrierefreie Reiseketten. Grundlage ist das Förderprogramm „Haltestellenerfassung“ des Ministeriums für Verkehr Baden-Württemberg.

Landratsamt Reutlingen, 2021: Nahverkehrsplan für den Landkreis Reutlingen. Zugriff: https://www.kreis-reutlingen.de/Nahverkehrsplan [abgerufen am 18.01.2024].

Landratsamt Reutlingen, 2023: Inklusionskonferenz. Zugriff: https://www.kreis-reutlingen.de/Inklusionskonferenz [abgerufen am 18.01.2024].

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