AzubiShuttle im Landkreis Rhön-Grabfeld

Das AzubiShuttle steht an einer Haltestelle
Quelle: Julia Weber, Landkreis Rhön-Grabfeld

Was ist das AzubiShuttle?

Das AzubiShuttle befördert Auszubildende im Landkreis Rhön-Grabfeld in Kleinbussen bzw. Pkw auf individuell angepassten Routen zu ihren Ausbildungsbetrieben, sofern diese nicht mit dem bereits bestehenden ÖPNV erreicht werden können. Dazu sind vier Fahrzeuge im Einsatz, mit denen die pünktliche Erreichbarkeit des Betriebes sowie bei Bedarf auch die Rückfahrt nach Hause sichergestellt wird. Die Disposition der Fahrten erfolgt über eine Software, wodurch eine größtmögliche Effizienz und Flexibilität gewährleistet wird.

Welche Ziele werden mit dem AzubiShuttle verfolgt?

Rhön-Grabfeld ist Bayerns nördlichster Landkreis und mit 78 Einwohnerinnen und Einwohner je km² gemessen am Bundesdurchschnitt dünn besiedelt. Vor allem am Morgen fließt der Linienverkehr in Richtung der Zentren und den dort gelegenen (beruflichen) Schulen. Dem zufolge sind peripher gelegene Orte sowie die dort ansässigen, oftmals handwerklichen Ausbildungsbetriebe in den Morgenstunden nur schwer zu erreichen. Dies betrifft vor allem die Gruppe der Auszubildenden, die in den ersten Lehrjahren in der Regel nicht über die Option verfügt, individuell, d. h. mit dem eigenen Kfz zum Ausbildungsbetrieb zu fahren. Zweiradalternativen scheiden im Landkreis vor allem in den Wintermonaten aufgrund der Topographie und der Witterungsverhältnisse besonders in der Rhön aus. Somit sind Jugendliche auf der Suche nach einer passenden Ausbildung häufig in ihrer Auswahl eingeschränkt, wodurch Probleme bei der Nachwuchsakquise vor allem für kleinere und mittlere (Handwerks-)Betriebe im Umland der Zentren entstehen.

Das Projekt AzubiShuttle verfolgt daher das primäre Ziel, Auszubildenden die Anfahrt zu Betrieben in den Orten zu ermöglichen, die als Zielort im herkömmlichen ÖPNV nicht ausreichend erreichbar sind. Damit wird für die Ausbildungssuchenden eine deutliche Vergrößerung der Grundgesamtheit an Optionen erzielt. Gleichzeitig können die Ausbildungsbetriebe in der Region den AzubiShuttle als Marketinginstrument und zusätzlichen Anreiz für die Bewerbung einsetzen. Die Maßnahme wirkt damit dem Fachkräftemangel entgegen und stärkt die wirtschaftliche und – durch die Aufrechterhaltung handwerklicher Betriebe wie Bäckern und Metzgern – auch die soziokulturelle Attraktivität im dörflichen Umfeld.

Wie erfolgte die konkrete Umsetzung?

Das Projekt AzubiShuttle wurde im Rahmen des Förderprogramms „LandMobil – unterwegs in ländlichen Räumen“ der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung vom Landkreis Rhön-Grabfeld initiiert und erhielt zwischen September 2020 und Dezember 2022 eine Förderung von über 170.000 Euro. Nach Ablauf des Förderzeitraums führt der Landkreis Rhön-Grabfeld das Projekt auf eigene Kosten fort. Seit 2020 werden jährlich rund 25 Auszubildende zu ihren Betrieben beziehungsweise von dort aus nach Hause befördert, sofern keine Linienbusverbindung besteht. Mit der Einführung einer flexiblen und intelligenten Dispositionssoftware zum Ausbildungsjahr 2024 konnte die Teilnehmerzahl auf über 40 Auszubildende gesteigert werden. Die Fahrzeugflotte umfasst dazu vier vom Landkreis geleaste Kleinbusse und Pkw. Während das Landratsamt die Anmeldung koordiniert und prüft, ob eine Beförderung mit dem AzubiShuttle aufgrund fehlender Busverbindungen grundsätzlich in Frage kommt, wird die Fahrleistung an sich vom Kommunalunternehmen des Landkreises abgewickelt. Im Vergleich zum Buslinienverkehr ist beim AzubiShuttle kein Beförderungsanspruch garantiert, wobei im Rahmen der verfügbaren Kapazitäten versucht wird, möglichst alle interessierten Auszubildenden zu berücksichtigen.

Für die Mitfahrt im AzubiShuttle muss der Kauf eines Deutschlandtickets nachgewiesen werden. Ein Komfortzuschlag fällt zum aktuellen Zeitpunkt nicht an (Stand: November 2024). 

In der praktischen Umsetzung stellt vor allem die Unregelmäßigkeit der Fahrten eine große Herausforderung dar. Die zu Beginn des Lehrjahres individuell zusammengestellten Routen müssen fast täglich angepasst werden, da Schichtwechsel, Berufsschultage, Krankheitsausfälle oder Blockbeschulungen berücksichtigt werden müssen. Hinzu kommt, dass auch während des Lehrjahres beispielsweise durch das Erlangen der Fahrerlaubnis Plätze im AzubiShuttle frei und im Anschluss neu vergeben werden, was insgesamt zu einem kontinuierlich hohen Organisationsaufwand führt.

Diese Herausforderungen konnten größtenteils durch die Einführung einer Dispositionssoftware zum Start des Ausbildungsjahres 2024 gelöst werden. Nach deren Einführung haben sich allerdings an anderen Stellen neue Schwierigkeiten ergeben. Insbesondere da diese Software nach dem „first-come, first-serve-Prinzip“ funktioniert, müssen sich die Auszubildenden rechtzeitig um Ihre Buchung der Fahrten kümmern, da ansonsten die Gefahr besteht, dass deren Wunschzeitraum bereits von anderen Auszubildenden belegt ist. Auch die Feinjustierung der Dispositionssoftware ist mitunter herausfordernd, da ein gutes Mittelmaß zwischen Effektivität einerseits und realistischen Schichten andererseits gefunden werden muss. Dies erfordert eine kontinuierliche Evaluierung der Software-Parameter.

Bedarfsorientierter Schulbus
Quelle: MarioGuti / Getty Images
Icon Maßnahme

Der bedarfsorientierte Schulbus passt seinen Routenverlauf flexibel an den Bedarf der zusteigenden Schulkinder an. Fahrzeiten und Leerfahrten können dadurch reduziert werden.

Schulstraße
Quelle: berlin-event-foto.de/Peter-Paul Weiler
Maßnahme

Schulstraße

Icon Maßnahme

Schulstraßen bezeichnen eine Maßnahme zur temporären Durchfahrtsbeschränkung von Autos an Straßen mit einer Schule zu den hochfrequentierten Schulbeginn- und Endzeiten.

Schulwegplan
Quelle: berlin-event-foto.de/Peter-Paul Weiler
Maßnahme

Schulwegplan

Icon Maßnahme

Die Erstellung eines Schulwegplans dient dazu, Kindern und Eltern einen sicheren Schulweg zu Fuß oder mit dem Rad aufzuzeigen, indem Hindernisse oder Gefahrenstellen sichtbar gemacht werden.

Ridepooling
Quelle: Peter Berglund / Getty Images
Maßnahme

Ridepooling

Icon Maßnahme

Ridepooling ist die kommerzielle Bündelung und Beförderung von Personen mit ähnlichem Fahrtziel zu einer gemeinsamen Fahrt. Auslastung und Kosteneffizienz werden so verbessert.

Smartes DorfSHUTTLE - On-Demand-Ridepooling im Amt Süderbrarup
Quelle: SmartCity Amt Süderbrarup
Icon Beispiele aus der Praxis

Im Amt Süderbrarup wird pilothaft ein On-Demand-Ridepooling-Verkehr als Ergänzung zum liniengebundenen ÖPNV eingeführt, der sich als alternative Mobilitätsoption zum Auto im ländlichen Raum etablieren soll.

Viega Mitarbeitershuttle
Quelle: Viega
Beispiele aus der Praxis

Viega Mitarbeitershuttle

Icon Beispiele aus der Praxis

Der Viega Mitarbeitershuttle ist ein firmeneigener Shuttleservice mit einem Bus zwischen Köln und der Firmenzentrale im Sauerland. Die Nutzung ist für die Mitarbeitenden kostenlos.

Land.Jugend.Mobil: Jugendbeteiligung in Wilhelmsfeld
Quelle: Bildauszug aus Dreharbeiten für den Film der Jugendlichen
Icon Beispiele aus der Praxis

Um die Identifikation von Jugendlichen mit ihrem Ort zu erhöhen, wurde ein Beteiligungsprojekt durchgeführt, in dem Jugendliche ein Konzept zur Verbesserung der Mobilität entwickelten und umsetzten.

Handbuch zur Planung flexibler Bedienungsformen im ÖPNV
Quelle: berlin-event-foto.de/Peter-Paul Weiler
Icon Instrumente

Das Handbuch des BMVBS gibt eine Einführung in flexible Bedienformen im ÖPNV und bietet Hilfestellungen und Hintergrundinformationen zu den zentralen Aspekten der Einführung in ländlichen Räumen.

Schulverkehrskonzept
Quelle: Carlos Ciudad Photography / Getty Images
Icon Instrumente

Ein Schulverkehrskonzept ist ein informelles Instrument zur Planung des Mobilitätsangebots im Ausbildungsverkehr. Es ist eng mit dem jeweiligen Nahverkehrsplan verknüpft und damit abzustimmen.

Regionaler Nahverkehrsplan
Quelle: berlin-event-foto.de/Peter-Paul Weiler
Icon Instrumente

Der regionale Nahverkehrsplan ist ein strategisches Instrument für die Planung und Ausgestaltung des öffentlichen Verkehrs.

März 2019:

Konkretisierung der Projektidee

November 2019:

Einreichung des Projektantrags

Mai 2020:

Erhalt des Förderbescheids

September 2020:

Fahrtbeginn AzubiShuttle

Januar 2023:

Beschluss zur Fortführung des AzubiShuttles bis 2026

September 2024:

Einführung und Nutzung einer Dispositionssoftware

Landkreis Rhön-Grabfeld, 2024.

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